Fahrverbot für Frauen Saudische Frauen dürfen bald ans Steuer

Riad · Die Konservativen in Saudi-Arabien hatten alles versucht, um Frauen vom Autofahren abzuhalten. Das Symbol der Unterdrückung ist nun gefallen. Bis zur Gleichstellung wird es aber noch eine lange Fahrt.

 Eine Frau am Steuer: bislang in allen Ländern außer in Saudi-Arabien ein alltägliches Bild. Jetzt hat auch das ultrakonservative Königshaus eingelenkt. Ab Juni 2018 soll es dort kein Fahrverbot für Frauen mehr geben. 

Eine Frau am Steuer: bislang in allen Ländern außer in Saudi-Arabien ein alltägliches Bild. Jetzt hat auch das ultrakonservative Königshaus eingelenkt. Ab Juni 2018 soll es dort kein Fahrverbot für Frauen mehr geben. 

Foto: dpa/Hasan Jamali

() Es geht um mehr als nur ums Autofahren. Das Verbot, das Frauen in Saudi-Arabien bislang vom Steuer eines Fahrzeugs fernhielt, soll im Juni 2018 fallen, berichteten Staatsmedien am Dienstagabend. Nachdem die Nachricht vom königlichen Dekret bekannt wird, hält die Frauenrechtlerin Manal al-Sharif nichts mehr: „Saudi-Arabien wird nie wieder so sein, wie es war. Der Regen startet mit einem ersten Tropfen“, twittert die Frau, die seit Jahren maßgeblich für Veränderungen kämpfte.

Der Protest der Frauen in Saudi-Arabien nahm schon in den 90er Jahren Fahrt auf. Sie setzten sich aus Protest hinter das Steuer und nahmen harte Strafen in Kauf. Es war im Sommer 2011, als Al-Sharif und andere Frauen im Windschatten der Arabischen Aufstände die Bewegung „Women2Drive“ gründeten. „Ich kam ins Gefängnis, weil ich als Teil dieser Kampagne ein Video von mir ins Internet stellte, auf dem zu sehen war, wie ich auf saudischen Straßen Auto gefahren bin“, schreibt Al-Sharif.

Die saudische Führung hatte die Änderung insgeheim schon lange vorbereitet. Dass Frauen am Wochenende zum Nationalfeiertag erstmals die Stadien des Landes betreten durften, konnte als Generalprobe gesehen werden. Für König Salman und seinen Sohn, Thronfolger Mohammed bin Salman, ist es eine Gratwanderung. Viele Strenggläubige und Religionsgelehrte sind strikt gegen die Fahrerlaubnis – und ließen sich dafür immer wieder kreative Begründungen einfallen. Ein Scheich behauptete 2013 gar, dass Autofahren schädlich für die Eierstöcke sei und vermehrt zu Fehlgeburten führen würde.

Nach der Ankündigung aus dem Königshaus schallte aus den sozialen Medien vor allem Ablehnung. „Wir appellieren an Gott, dass wir nicht zu diesem Datum kommen, bevor die Entscheidung zurückgenommen wird“, schreibt ein Nutzer etwa. Andere sagen, sie würden ihren Frauen das Fahren schlicht verbieten.

Auf der anderen Seite ist der Schritt, der vermutlich auf den faktischen Herrscher Saudi-Arabiens, Mohammed bin Salman, zurückgeht, eine Botschaft nach außen. Dass Saudi-Arabien als letztes Land der Welt nur Männern die Fahrerlaubnis erteilt, war der in Stein gemeißelte Stillstand. Ein Imageproblem. Das Dekret ist deshalb auch eine PR-Maßnahme, die König Salman unter anderem wegen des Krieges im Jemen oder der Katar-Blockade bitter nötig hat. „Der neue Kronprinz macht sich momentan so viele Feinde, da kann er neue Freunde gebrauchen“, sagt Saudi-Arabien-Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Steinberg sieht auch ein innenpolitisches Kalkül: Riad verfolge eine „Emiratisierung“, eine Angleichung an die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch dort gebe es in einigen Bereichen Reformen, um Unterdrückung an anderen Stellen durchzusetzen. Zuletzt hat wohl auch die Wirtschaft eine Rolle gespielt. In Zeiten niedriger Ölpreise befindet sich Saudi-Arabien im einem tiefgreifenden Wirtschaftsumbau. Das „Vision 2030“ getaufte Billionen-Projekt sieht auch ausdrücklich die Frauenförderung vor und bezeichnet sie als „große Stärke“ des Landes. Saudi-Arabien hat Frauen als wichtige Arbeits- und Führungskräfte erkannt. Dass diese ohne männliche Hilfe von A nach B kommen, dürfte ihren Wert für die Volkswirtschaft weiter steigern.

Dennoch: Der Weg zur Gleichstellung ist noch lang. Frauen müssen sich zum Beispiel Reisen noch immer von ihrem männlichen Vormund erlauben lassen und strengen Bekleidungsregeln folgen.

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