Sarkozys langer Schatten

Paris. Der Schatten eines Mannes hängt nicht von seiner Körpergröße ab; das gilt auch für Nicolas Sarkozy. Monate nach seiner Wahl arbeitet sich Frankreichs neuer Präsident François Hollande noch immer am Anti-Modell seines Vorgängers ab. Er kürzte sich das eigene Gehalt um 30 Prozent, nachdem Sarkozy das seine um 170 Prozent erhöht hatte

Paris. Der Schatten eines Mannes hängt nicht von seiner Körpergröße ab; das gilt auch für Nicolas Sarkozy. Monate nach seiner Wahl arbeitet sich Frankreichs neuer Präsident François Hollande noch immer am Anti-Modell seines Vorgängers ab. Er kürzte sich das eigene Gehalt um 30 Prozent, nachdem Sarkozy das seine um 170 Prozent erhöht hatte. Während dieser auch kurze Strecken mit der Präsidentenmaschine zurückgelegt hatte, reist Hollande wenn irgendwie möglich mit Zug und Auto. Und stichelt, er werde nicht "über alles und im Alleingang entscheiden", wie er es am ehemaligen "Hyperpräsidenten" so kritisiert hatte.Die Rolle des "Anti-Sarkozy", die ihm zur Wahl verhalf, spielt Hollande weiter. So blieb der Ex-Präsident seit seiner Abwahl Anfang Mai präsent, obwohl er offiziell schwieg, wie er es versprochen hatte - bisher. Doch jetzt mischt er sich in die Außenpolitik und die Krise in Syrien ein. Nach einem Gespräch mit dem Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrates, Abdel Basset Sajda, Anfang der Woche riefen sie gemeinsam auf zu einer "schnellen Aktion der internationalen Gemeinschaft, um Massaker zu vermeiden". Es gebe große Ähnlichkeiten mit der Situation in Libyen im vergangenen Jahr - bei der Sarkozy einen militärischen Einsatz der Nato durchgesetzt hatte, der zum Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi führte. Dies wurde aber auch als Versuch interpretiert, Frankreichs lange Unterstützung arabischer Machthaber nach Ausbruch der Aufstände gegen sie vergessen zu machen.

Im Privaten soll Sarkozy seinen Nachfolger längst für seine passive Zurückhaltung kritisiert haben: Es gebe Möglichkeiten, das Veto Chinas und Russlands im UN-Sicherheitsrat gegen ein Eingreifen zu umgehen und eine Militäroperation mit Unterstützung der Arabischen Liga zu wagen. Er brenne vor Ungeduld, zitiert die Tageszeitung "Le Parisien" einen Vertrauten. Seine Anhänger stellen Vergleiche an. "Für Nicolas Sarkozy muss man handeln. Für François Hollande reicht es, so zu tun", erklärte Sarkozys Ex-Wahlkampf-Sprecherin Nathalie Kosciusko-Morizet. "Hollande ist in den Ferien, Sarkozy auch, aber er interessiert sich wie immer aktiv für das syrische Dossier, wie 2008 für Georgien", schrieb Ex-Ministerin Nadine Morano per Kurznachrichtendienst Twitter.

Pikanterweise machen beide Männer nur wenige Kilometer voneinander entfernt Urlaub in Südfrankreich. In Hollandes Umfeld heißt es, eine unilaterale Militäraktion Frankreichs in Syrien sei ohne grünes Licht der Vereinten Nationen unvorstellbar. Stattdessen schickte man ein Ärzteteam zur Versorgung verletzter Flüchtlinge. Kritikern fehlt aber tatsächlich eine klare Vision des Präsidenten zur Außenpolitik, für die er in Frankreich traditionell zuständig ist.

Er wundere sich über Sarkozys "schnelle Analyse" zu einem derart ernsten Thema, erklärte gestern Außenminister Laurent Fabius. Man würde "von einem ehemaligen Präsidenten etwas anderes erwarten". Die Situationen in Libyen und Syrien ließen sich weder in geostrategischer noch in militärischer Hinsicht vergleichen. "Die Unterschiede sind so offensichtlich, dass kein einziges Land eine militärische Intervention wünscht", sagte Fabius. Sozialisten-Chefin Martine Aubry nannte die Kritik "unverantwortlich" und erinnerte an Assads pompösen Empfang in Paris durch Sarkozy im Dezember 2010.Foto: karaba/dpa

Meinung

Die Distanz fehlt

Von SZ-KorrespondentinBirgit Holzer

Sarkozy war schon zu Zeiten seiner Präsidentschaft unberechenbar - er blieb es auch nach seiner Abwahl. Seine Einmischung in die Außenpolitik mag ja getrieben sein von echtem Engagement und mehr sein als ein politisches Manöver, um seinen Nachfolger zu destabilisieren. Er sollte sie sich dennoch sparen: Die Franzosen haben Sarkozy auch wegen seiner Selbstherrlichkeit und seines Aktionismus abgewählt. Die Situation in Libyen mit der in Syrien gleichzusetzen, zeugt von politischer Kurzsichtigkeit und wohl auch Sarkozys Sehnsucht nach nachträglichem Ruhm für sein beherztes Intervenieren in der Libyen-Krise. Doch er ist kein Helmut Schmidt, der mit der nötigen Distanz die aktuelle Politik kommentieren kann. Als bisheriger Vollblut-Politiker sucht er noch seine Rolle. Sie kann aber nicht darin bestehen, seinem Nachfolger in die Parade zu fahren.

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