Innenminister teilt aus Salvini macht EU für Einsturz mitverantwortlich

Brüssel · Die Bergungsarbeiten an der zusammengebrochenen Morandi-Brücke in Genua liefen noch auf Hochtouren, da hatte Italiens Innenminister Matteo Salvini bereits einen Mitschuldigen ausgemacht: die EU.

Denn deren strenge Defizit-Regeln verhinderten, dass der Staat Geld in die Sicherheit investieren könne. Kosten für die Sicherheit „dürfen nicht nach den strengen Regeln berechnet werden, die Europa uns auferlegt“, sagte der 45-Jährige und forderte damit Ausnahmen von den Sparauflagen. „Immer muss man um Erlaubnis fragen, Geld auszugeben.“ Davon aber dürfe nicht die Sicherheit auf den Straßen, bei der Arbeit und in den Schulen, „in denen immer wieder mal die Decken einstürzen“, abhängen.

Damit schürte Salvini einmal mehr die Anti-Brüssel-Stimmung seiner Klientel. Doch der genaue Blick in die europäischen Bücher ergibt ein ganz anderes Bild. „Italien ist als Gründungsmitglied der EU hinter Spanien mit an der Spitze bei Fehlern und Unregelmäßigkeiten in der Umsetzung des EU-Haushaltes“, bilanzierte vor vier Jahren Inge Gräßle (CDU), damals wie heute Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses. Anlass der Aussage war die jährliche Prüfung des Rechnungshofes, ob die den Mitgliedstaaten zugewiesenen Mittel auch ordnungsgemäß eingesetzt worden waren. Die damalige Bilanz für Italien: niederschmetternd. Anstatt dringende Infrastrukturprojekte fertigzustellen oder zu sanieren, verteilte Rom die EU-Subventionen in teilweise sinnfreie Vorhaben wie einem meist unbenutzbaren Radweg direkt am Wasser. Von den 11,6 Milliarden Euro, die das Land beispielsweise 2016 insgesamt aus Brüssel bekam, standen 39,43 Prozent oder 4,6 Milliarden Euro allein für Straßen- und Wegebau, Brücken und Gleisverbindungen zur Verfügung – deutlich mehr als jeder andere Mitgliedstaat. Der EU-Durchschnitt liegt bei 32 Prozent.

Hinzu kommt, dass sich die Kommission um die Verteilung der Fördergelder vor Ort gar nicht kümmert – schon seit Jahren überlässt sie dies den nationalen Regierungen, weil die deutlich besser entscheiden können, wo vor Ort sinnvoll investiert werden sollte. Diese Steuerung aber haben die römischen Machthaber nur selten übernommen. Provinzen, Regionen und Städte balgen sich um die Zuwendungen. Um nur ja niemanden zu benachteiligen, werden die Subventionen deshalb breit gestreut, anstatt sich auf vordringliche Großprojekte zu konzentrieren. 

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