Saarbahn fährt nun ab Lebach, mit Gottes Segen

Lebach · Der Lebacher Pfarrer Hermann Zangerle hat gestern mit dem Segen Gottes die erste Saarbahn offiziell auf die neue Strecke geschickt. Tausende Besucher kamen zur Eröffnung. Ende 2014 steht fest, ob weitergebaut wird.

 Zahlreiche Menschen strömten am Sonntagvormittag zum Lebacher Bahnhof, um die erste Saarbahn zu begrüßen.

Zahlreiche Menschen strömten am Sonntagvormittag zum Lebacher Bahnhof, um die erste Saarbahn zu begrüßen.

. "Bienvenue Saarbahn" steht auf einem Transparent, das eine Familie, die entlang der neuen Trasse im Lebacher Stadtteil Landsweiler wohnt, an ihrem Balkon befestigt hat. Alle winken, als die erste Bahn am Haus vorbeifährt. Fotografen haben sich überall entlang der Strecke eingefunden, um diesen einmaligen Moment festzuhalten. Ganz Lebach scheint auf den Beinen zu sein, als die erste Saarbahn exakt um 9.58 Uhr am Bahnhof eintrifft.

Schon optisch fällt die Bahn auf. Ivica Maksimovic, Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Saarbrücken und im Lebacher Stadtteil Niedersaubach zu Hause, hat mit den Gewerbetreibenden der Stadt in nur einem Monat ein spezielles Design entworfen. In Anlehnung an den Roman von Jules Verne "Reise zum Mittelpunkt der Erde" hat er den Slogan abgewandelt in "Reise zum Mittelpunkt des Saarlandes: Lebach ". Unter dem Schriftzug sind im Stil eines Kupferstiches viele historische Verkehrsmittel abgebildet. "Ich bin bekennender Saarbahn-Fan und werde künftig damit zur Arbeit fahren", sagt Maksimovic.

Gerade ein solches Argument stößt auf offene Ohren von Bürgermeister Klauspeter Brill, der die verbesserte Verkehrsanbindung als ein Hauptargument ansieht, mehr Menschen mit günstigem Wohnraum zu locken. Jürgen Barke , heute Staatssekretär im Wirtschaftsministerium des Saarlandes, hat von 1991 bis 2001 als Beigeordneter der Stadt Lebach die Entstehungsgeschichte der Saarbahn in allen Facetten mit erlebt. Schon damals sei die Siedlungs-Entwicklung beschleunigt worden mit dem Argument, die Verkehrsanbindung werde deutlich attraktiver. Barke glaubt weiter an das Saarbahn-Konzept als Beitrag sowohl zur Stärkung von Innenstadtlagen als auch ländlicher Gebiete. Gerade in Zeiten einer zurückgehenden Bevölkerung sei das wichtig.

Unklar bleibt, ob die Saarbahn weitergebaut wird und zusätzliche Ballungszentren rund um Saarbrücken angebunden werden. Bis Ende 2014 muss eine Entscheidung fallen, da sonst die finanzielle Unterstützung des Bundes wegfällt, die bis 2019 gesichert ist. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sieht in der Saarbahn "das richtige Objekt". Sie fahre grenzüberschreitend, sei mit 400 Millionen Euro Kosten eines der größten Infrastruktur-Projekte des Landes und Teil einer guten Zukunftsgestaltung.

Von der Bahn profitierten die Landeshauptstadt und Lebach , betont Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, gleichzeitig Aufsichtsratschefin der Saarbahn. Bundes- und Landespolitiker müssten sich einsetzen für genug Geld aus Berlin, damit man mit Regionalisierungs-Hilfen weiter Verkehrsprojekte finanzieren kann.

Saarbahn-Geschäftsführer Andreas Winter rechnet mit 1,3 Millionen zusätzlichen Fahrgästen durch die Inbetriebnahme des neuen Streckenabschnittes von Heusweiler nach Lebach , der schon alleine 53 Millionen Euro gekostet hat. Sein Geschäftsführer-Kollege Peter Edlinger betont, von den Gesamtkosten hätten 300 Millionen Euro Bund und Land übernommen, den Rest die Saarbahn-Gesellschaft. Weiterbauen, etwa von Neuscheidt bis Burbach mit einer Option nach Völklingen, könne man nur, wenn neben den Kosten für die Infrastruktur und den Betrieb auch ein Ausgleich für anfallende Defizite gewährleistet ist. Das Defizit für Bus und Bahn in Saarbrücken betrage 15 Millionen Euro jährlich, fünf Millionen davon entfallen auf die Saarbahn. Zum Weitermachen rät Norbert Walter , heute Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Augsburg, der die Saarbahn mit auf den Weg gebracht hat. "An der Finanzhilfe des Bundes wird es nicht scheitern. Das Land muss entscheiden, ob es die Saarbahn will und ob weitere Ballungszentren rund um Saarbrücken angebunden werden sollen", sagt er. Mit der Saarbahn habe man versucht, in einem Land mit Problemen in der Kohle- und Stahlindustrie neue Dienstleistungen entlang der Trasse auf den Weg zu bringen. "Die Saarbahn-Idee war und ist gut. In anderen Teilen Deutschlands wie Mecklenburg-Vorpommern oder auch Brandenburg überlegt man gerade, Systeme wie die Saarbahn zu realisieren."

Der Lebacher Pfarrer Hermann Zangerle segnet die erste Bahn. Für ihn eine Premiere. Zangerle hat zudem als Pfarrer mit der Saarbahn-Geschäftsführung etwas gemeinsam. Beide kämpfen um mehr Zuspruch in ihren Einrichtungen. In der Kirche klappe das schon ganz gut mit moderner Jugendarbeit und Predigten, die auch aktuelle Themen behandeln, sagt Zangerle. Die Saarbahn muss noch beweisen, ob sie mit attraktiven Angeboten mehr Zuspruch in Lebach und Umgebung findet.

 Vorsichtshalber „mit Fahrkarte“ unterwegs. Hier wird Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz gerade von Hobby-Eisenbahner Wolfgang Schöpp kontrolliert. Fotos: Oliver Dietze

Vorsichtshalber „mit Fahrkarte“ unterwegs. Hier wird Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz gerade von Hobby-Eisenbahner Wolfgang Schöpp kontrolliert. Fotos: Oliver Dietze

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HintergrundSaarbrücken war in den 90er Jahren die erste deutsche Stadt, die einen kompletten Neubau eines Schienverkehrssystems beschlossen hat. Da die erste und bislang einzige Saarbahn-Strecke S 1 nach Saargemünd grenzüberschreitend fährt, können weitere Finanzhilfen des Bundes gewonnen werden. Baubeginn ist 1995. Das erste Teilstück der 44 Kilometer langen Strecke wird am 24. Oktober 1997 von Saargemünd bis Saarbrücken-Ludwigstraße eröffnet. Ab 31. Juli 1999 folgt der Cottbusser Platz, am 12. November 2000 das Siedlerheim, am 23. September 2001 Riegelsberg Süd. Nach Unstimmigkeiten, Bauverzögerungen und Management-Fehlern erreicht die Bahn erst am 26. September 2009 Walpershofen/Etzenhofen, am 30. Oktober 2011 Heusweiler. Seit Montag, 6. Oktober 2014, 4.12 Uhr fährt die Bahn im Regelbetrieb von Lebach bis Saargemünd. ts

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