Richterspruch versetzt Trump in Rage

Washington · Schwere Schlappe für den US-Präsidenten. Gerichte heben das Einreiseverbot auf. Auch der auf drei Monate angesetzte Aufnahmestopp für Flüchtlinge ist hinfällig. Damit zieht der 70-Jährige zum zweiten Mal den Kürzeren.

Es war bereits tiefe Nacht im Mar-a-Lago, dem Nobelclub in Palm Beach, in dem Donald Trump das Wochenende verbrachte, als ein kalifornisches Berufungsgericht dem Präsidenten eine schwere Schlappe zufügte. Im Eilverfahren lehnte der Court of Appeals in San Francisco einen Antrag des amerikanischen Justizministeriums ab, wonach ein zuvor im Pazifikstaat Washington gefälltes Urteil gegen die Einreisesperre kassiert werden sollte. In der Nacht zum Sonnabend hatte James Robart, ein Bundesrichter in Seattle, den Bann mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt. Trumps Regierungsjuristen hatten daraufhin die für die gesamte Westküste zuständige Instanz angerufen - und ein zweites Mal den Kürzeren gezogen.

Damit gilt vorläufig nicht mehr, was das Weiße Haus mit einem drakonischen Dekret verfügte. Ein für drei Monate angesetztes Einreiseverbot für Bürger aus sieben Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit ist ausgehebelt. Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer dürfen die Grenzkontrollen an den amerikanischen Flughäfen wieder passieren, sofern sie im Besitz eines Visums sind. Auch der viermonatige Aufnahmestopp für Flüchtlinge, egal welcher Nationalität, ist vorerst hinfällig.

Nach Angaben des State Department sind es etwa 60 000 zwischenzeitlich für ungültig erklärte Visa, die nun doch wieder zur Einreise berechtigen. Unklar ist allerdings, was mit Leuten geschieht, deren Visum im Pass bereits ungültig gestempelt wurde. Womöglich müssen sie ein neues beantragen, ehe sie New York oder Los Angeles, Houston, Atlanta oder Washington ansteuern können.

Trump seinerseits reagierte auf die juristische Niederlage, wie er immer reagiert, wenn etwas nicht nach seinem Willen geht. Die Entscheidung dieses "sogenannten Richters" sei lächerlich und müsse gekippt werden, twitterte er wenige Stunden nach Robarts Verdikt. Später, zurückgekehrt von einer Golfpartie, legte er nach. Wohin man denn komme, empörte er sich, wenn ein Richter einen Einreisebann des Ministeriums für Heimatschutz einfach blockiere und jeder, "auch mit bösen Absichten", ins Land gelassen werde. Kurz darauf folgte der nächste, noch wütendere Tweet. Der Richter mache potenziellen Terroristen den Weg frei - "Böse Leute sind sehr zufrieden!"

Die Attacken gegen Robart, sagt nun Chuck Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat, ließen erkennten, wie gründlich Trump eine unabhängige Justiz verachte, die sich seinen Wünschen nicht jedes Mal beuge. Patrick Leahy, ein Veteran aus Vermont, der im Justizausschuss der kleineren Parlamentskammer sitzt, spricht von einem Präsidenten, der es offenbar darauf anlege, eine Verfassungskrise vom Zaun zu brechen. Trumps Feindseligkeit gegenüber der "Rule of Law" sei nicht nur peinlich, sie sei auch gefährlich.

Dass der 70-Jährige sein Scheitern akzeptiert und es dabei bewenden lässt, erwartet indes niemand. Wie es im Moment aussieht, werden seine Rechtsberater wohl den Weg bis zum Obersten Gerichtshof in Washington gehen, um die Einreisesperre durchzusetzen.

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