Interview Bert Rürup „Heil wird nacharbeiten müssen“

Berlin · Rentenexperte Rürup ist grundsätzlich für die Reformpläne Heils. Denn die Grundlagen der Alterssicherung seien überholt.

Der Rentenexperte und ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup begrüßt im Grundsatz die Pläne zur Grundrente von Bundesarbeitsminister Heil (SPD). Rürup war Namengeber einer unabhängigen Kommission, die 2003 im Auftrag von Rot-Grün Vorschläge zur Sicherung der Sozialsysteme machte.

Herr Rürup, die Reaktionen auf Heils Konzept sind gemischt. Was sagen Sie?

RÜRUP Der Ansatz dieses Rentenkonzepts ist vernünftig, denn er trägt den geänderten Bedingungen unseres Arbeitsmarkts Rechnung. Was der Arbeitsminister plant, ist in 29 von 36 OECD-Ländern die Regel: Die Rente von Geringverdienern wird generöser festgesetzt als die von Durchschnitts- oder Besserverdienern. Das in Deutschland geltende Äquivalenzprinzip, wonach höhere Beitragsleistungen zu einer proportional höheren Rente führen, entspricht nicht dem internationalen Standard. Dort geht Armutsvermeidung vor Statussicherung.

Sehen Sie auch Schwachstellen?

RÜRUP Der Bundesarbeitsminister wird noch nacharbeiten müssen. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel die Ehepartnerin eines leitenden Ministerialbeamten, die bewusst dauerhaft nur Teilzeit gearbeitet hat, bei der Grundrente genauso behandelt wird wie ein Vollzeitbeschäftigter im Niedriglohnbereich. Wer die Grundrente in Anspruch nehmen will, sollte nachweisen, dass er durchweg vollzeitig gearbeitet hat. Anderenfalls wäre diese neue Rente eine Subvention des Niedriglohnbereichs.

Wie lässt sich die Grundrente finanzieren? Fünf Milliarden Euro pro Jahr sind ja kein Pappenstiel.

RÜRUP In der Tat. Da aber die beachtlichen Steuerzuschüsse an die Rentenversicherung nicht nur der Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen dienen, sondern auch der Senkung des Beitragssatzes, könnte man daran denken, die Grundrente zumindest ein Stück weit auch aus den Bundeszuschüssen zu finanzieren.

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