Religiöse Zeitreise in Zaitzkofen

Zaitzkofen. Es hat etwas von einer Zeitreise, ein halbes Jahrhundert zurück in die Vergangenheit: Die Frauen tragen ausnahmslos züchtige Röcke, einige auch ein Spitzentuch auf dem Kopf, viele Männer haben sich in ihren Sonntagsanzug geworfen, eine große Gruppe Schülerinnen ist in blau-weißen Schuluniformen samt Barett angereist

Zaitzkofen. Es hat etwas von einer Zeitreise, ein halbes Jahrhundert zurück in die Vergangenheit: Die Frauen tragen ausnahmslos züchtige Röcke, einige auch ein Spitzentuch auf dem Kopf, viele Männer haben sich in ihren Sonntagsanzug geworfen, eine große Gruppe Schülerinnen ist in blau-weißen Schuluniformen samt Barett angereist. Bei der Messfeier steht der Priester noch mit dem Rücken zum Volk und betet auf Lateinisch. Rund 1500 Menschen sind am Samstag in die Oberpfalz gepilgert, um an den Priesterweihen der Piusbruderschaft teilzunehmen — trotz Empörung deutscher Bischöfe. Die kontroverse öffentliche Debatte über die traditionalistische Bruderschaft schweißt deren Anhänger zusammen. "Es sind mehr gekommen als in den Vorjahren", sagt der Sprecher der deutschen Piusbrüder, Pater Andreas Steiner. Doch auch die vergleichsweise große Zahl Journalisten zeigt, dass die alljährlichen Weihen dieses Mal unter besonderen Vorzeichen stehen: Anfang des Jahres nahm Papst Benedikt XVI. nach zwei Jahrzehnten die Exkommunikation der vier Bischöfe der Bruderschaft zurück, die zeitgleich weltweit in Verruf geriet, weil der Brite Richard Williamson den Holocaust geleugnet hatte — eben hier in Zaitzkofen. Direkt vor dem Seminargebäude wurde ein prunkvoller Altar aufgebaut und mit einer großen Zeltkonstruktion überdacht. Angeführt von mehr als zwei Dutzend Fahnenträgern diverser Jugendverbände ziehen um neun Uhr Ministranten, Priester und zwei Bischöfe feierlich ein. Der Leiter des Priesterseminars, Stefan Frey, verteidigt zu Beginn der Zeremonie die Weihen und kritisiert "die verbale Ausgrenzung, die wir in diesen Tagen massiv vonseiten mehrerer deutscher Bischöfe erfahren". Der spanisch-argentinische Bischof Alfonso de Galarreta schwört die Mitbrüder in seiner Predigt auf den Kampf für die Tradition und gegen den Modernismus ein: "Wie David Goliath bekämpft hat", ruft er. Die Geistlichen der Piusbruderschaft, die kirchenrechtlich immer noch als suspendiert gelten, unterscheiden genau zwischen "gut katholischen" und gefährlichen liberalen Kräften in der Kirche, die das Heil von so mancher Seele auf dem Gewissen hätten. Viereinhalb Stunden dauert die Zeremonie, bei der Galarreta einen Schweden, einen Polen und ein Schweizer zu Priestern weiht. Nach dem Gottesdienst wird hinter dem Gebäude noch gefeiert. Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay, präsentiert sich betont gut gelaunt. "Das sind Zeremonien, die nähren, die geben Kraft", schwärmt er. Über Williamsons Holocaust-Leugnung an selber Stelle vor knapp acht Monaten wollen die Piusbrüder nicht mehr allzu viele Worte verlieren.

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