Frankfurt Rechtes Netzwerk in der Polizei zieht weitere Kreise

Frankfurt · Im Fall der mutmaßlich fremdenfeindlichen Frankfurter Beamten sind viele Details noch unklar. Die Politik sieht Klärungsbedarf.

  Tatort Polizei: Die fünf Beamten sollen unter anderem einer türkischstämmigen Anwältin gedroht haben, ihre Tochter zu „schlachten“.

Tatort Polizei: Die fünf Beamten sollen unter anderem einer türkischstämmigen Anwältin gedroht haben, ihre Tochter zu „schlachten“.

Foto: dpa/Boris Roessler

Das mutmaßliche rechtsextreme Netzwerk in der Frankfurter Polizei beschäftigt nicht nur die Ermittler, sondern auch die Politik. An diesem Mittwoch sind die Vorwürfe gegen die Beamten Thema im Innenausschuss des Landtags. Die Opposition in Hessen hofft, dass endlich ans Licht kommt, „wie groß das Problem ist“, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler. Denn bisher ist das Ausmaß des Skandals völlig unklar. Die Behörden schweigen – dabei sind die Anschuldigungen massiv.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt ermitteln wegen Volksverhetzung und anderer Delikte gegen fünf inzwischen suspendierte Beamte aus dem 1. Revier. Sie sollen sich über einen Messengerdienst beleidigende und fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte zugeschickt haben. Später wurden die Ermittlungen nach Mittelhessen ausgeweitet: Polizeikreisen zufolge wurde auch eine Dienststelle im Kreis Marburg-Biedenkopf durchsucht. Dort soll einer der fünf Beamten zeitweise gearbeitet haben.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) kündigte gestern harte Konsequenzen an, sollte sich der Verdacht bestätigen. „Wir werden das lückenlos aufklären.“ Die Ermittlungen liefen mit Hochdruck. „Ich lasse nicht zu, dass mehr als 14 000 Polizeibeamte unter den Verfehlungen einiger Kollegen leiden müssen.“

Die Linke hofft, dass der Innenminister über den Stand der Ermittlungen informiert und in der Sitzung auch Fragen zu einem Drohschreiben gegen eine türkischstämmige Anwältin beantwortet. Die „Frankfurter Neue Presse“ hatte über ein Schreiben an die Anwältin berichtet, in dem gedroht worden sei, ihre zweijährige Tochter zu „schlachten“. Auf dem Fax, das mit „NSU 2.0“ unterzeichnet gewesen sein soll, habe die nicht öffentlich bekannte Privatadresse der Familie gestanden. Diese Daten finden sich aber in Behördencomputern. Die Anwältin hatte Opfer im NSU-Prozess und Terrorverdächtige vertreten.

Mehrere Versuche, eine mündliche oder schriftliche Stellungnahme von der Juristin zu erhalten, blieben erfolglos. Sie erklärte in einer SMS, sie wolle sich zum Sachverhalt nicht mehr öffentlich äußern. Auch vonseiten der zuständigen Behörden gab es zu dem Drohschreiben keinerlei Stellungnahmen. Der „Spiegel“ berichtete online über einen weiteren türkischstämmigen Anwalt, der eine rechtsextreme Hassmail mit dem Betreff „NSU 2.0“ erhalten habe. Der Jurist aus Köln ist ebenfalls Anwalt von NSU-Opfern.

Die gesamte hessische Polizei sei sehr betroffen, sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Andreas Grün. Jetzt gehe es um zügige Aufklärung. Auch außerhalb Hessens wurde der Ruf danach lauter. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sah alle Verantwortlichen „in der Pflicht, Rechtsextremismus konsequent entgegenzutreten und jedem Verdacht nachzugehen – das gilt insbesondere für staatliche Behörden“.

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