Karl-Rudolf Korte „Da sind drei Profis am Werk“

Berlin · Für den Politikwissenschaftler gibt es im Rennen um den CDU-Vorsitz noch keinen klaren Sieger.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz (von links) bewerben sich um den CDU-Parteivorsitz.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz (von links) bewerben sich um den CDU-Parteivorsitz.

Foto: dpa/Jan Woitas

Das Rennen um den CDU-Vorsitz ist nach Einschätzung des Duisburger Politikwissenschaftlers Karl-Rudolf Korte noch nicht gelaufen. Auf dem Bundesparteitag am kommenden Wochenende seien auch Überraschungen möglich, erklärte Korte im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Korte, steht der oder die neue CDU-Vorsitzende nach den acht Regionalkonferenzen der Partei für Sie schon fest?

KORTE Nein. Bei den acht Regionalkonferenzen war kein klares Bild für einen eindeutigen Sieger zu erkennen. Alle drei aussichtsreichen Kandidaten stehen weiter im Wettbewerb miteinander. Die Funktionsträger, nicht die einfachen Mitglieder entscheiden.

Der CDU-Parteitag in Hamburg kann also noch für Überraschungen sorgen?

KORTE Ja, denn es gibt auch eine Eigendynamik am Tag der Entscheidung in der Parteitagshalle, die man nicht unterschätzen sollte. Eben weil Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz scheinbar Kopf an Kopf liegen, wird es entscheidend sein, wer die Delegierten am besten mit Leidenschaft und Emotionen packen kann. Viele Delegierte sind noch nicht festgelegt.

Und Jens Spahn ist praktisch schon raus?

KORTE So muss man das wohl sehen, ja, im Wartestand mit Perspektive.

Am Ende kann es nur einen Gewinner geben, was auch zu Enttäuschungen bei den Unterlegenen führt. Wird die CDU dadurch womöglich instabiler?

KORTE Das sehe ich nicht so. Da sind drei Profis am Werk. Gewinner wird sein, wer Integration mit Erfahrung kombiniert. Dies gilt es auch gegenüber den Verlierern einzusetzen. Das wäre klug. So hat die Staatspartei CDU bislang auch immer agiert. Das Problem des vergangenen Sommers war ja, dass die politischen Fronten zwischen CDU und CSU verliefen und nicht innerhalb der CDU.

Sind AKK, Merz und Spahn tatsächlich so unterschiedlich in der politischen Ausrichtung, wie oft behauptet wird?

KORTE Personen machen in jedem Job einen großen Unterschied. Ihre Vorgeschichte, ihr Führungsstil, ihre Kommunikationsart und ihre inhaltliche Prägung, auch die Rolle, die die CDU künftig gegenüber dem Kanzleramt spielen soll – auf all diesen Feldern unterscheiden sich die drei Kandidaten grundsätzlich.

Was genau steht für die Parteitagsdelegierten grundlegend zur Wahl?

KORTE Mit Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze würde die CDU den Kurs einer progressiven Mitte fortsetzen, aber mit klaren Ansagen bei Zukunftsthemen. Mit Friedrich Merz würde die CDU eindeutig mehr Ecken und Kanten bekommen. Sie würde in der Mitte bleiben, aber sich rebellenhafter gegen andere abgrenzen.

Und mit Jens Spahn?

KORTE Spahn würde jüngere Zielgruppen mit der CDU versöhnen und durch seine Art der Kommunikation die Partei modernisieren.

Sind Merkels Tage als Kanzlerin gezählt, wenn der CDU-Vorsitz feststeht?

KORTE Nein. Angela Merkel ist eine Kanzlerpräsidentin, die in unterschiedlichen Lagen mit vielen Personen zusammenarbeiten kann. Es kann auch eine kluge Arbeitsteilung sein, wenn eine Partei mit neuen Ideen eine Regierung vor sich her treibt und sich der oder die neue CDU-Vorsitzende dabei als Kanzlerkandidat profilieren kann.

Das heißt, Merkel regiert die komplette Wahlperiode durch?

KORTE Davon gehe ich aus. Es gibt große verfassungsrechtliche Hürden, den Bundestag vorzeitig aufzulösen. Das würde beispielsweise Merkels Rücktritt voraussetzen. Und dafür sehe ich keinen Grund, zumal die meisten Mandatsträger ihre Karriere auf volle vier Jahre im Bundestag ausgerichtet haben und Neuwahlen auch unter diesem Aspekt ein Spiel mit dem Feuer sind.

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