74 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz Appell an die Verantwortung

Berlin · Das Wissen über die Verbrechen der Nazis schwindet, der Antisemitismus wächst. Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag erhoben sich gestern viele Stimmen, um vor dem Vergessen zu warnen.

 Sichtlich ergriffen: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gestern beim Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz in Polen.

Sichtlich ergriffen: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gestern beim Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz in Polen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

) Anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktags haben gestern Politiker bundesweit einen entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus gefordert. „Dieser Tag lässt uns daran erinnern, was Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit anrichten können“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Video-Podcast. Jeder Einzelne trage Verantwortung, „null Toleranz“ zu zeigen.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) wies in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“ darauf hin, dass der Zeitpunkt näher rücke, an dem Zeitzeugen nicht mehr vom NS-Unrecht berichten könnten. „Was wir jetzt brauchen, sind neue Ansätze, um historische Erfahrungen für die Gegenwart zu nutzen.“ Maas forderte, Erinnerungsorte müssten auch Lernorte sein. „Wer heute geboren ist, für den ist die Pogromnacht zeitlich genauso weit entfernt wie bei meiner Geburt ein Reichskanzler Bismarck. Das verändert das Gedenken, schafft mehr Distanz.“ Er sei besorgt über das Unwissen vieler junger Deutscher. 40 Prozent von ihnen wüssten nach eigener Einschätzung kaum etwas über den Holocaust. „Das sind schockierende Zahlen.“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), besuchte gestern gemeinsam mit einer Gruppe junger Juden, Muslime und Christen das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in Polen. „Die unfassbaren Verbrechen müssen jeder neuen Generation Mahnung und Verpflichtung sein“, sagte er.

Am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wird der sechs Millionen ermordeten europäischen Juden und aller anderen Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Gestern vor 74 Jahren hatten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreit. In den Stadien der Fußball-Bundesligavereine wurde am Wochenende ebenfalls an die Befreiung erinnert.

Die Kanzlerin verwies auf das 2018 geschaffene Amt des Beauftragten der Bundesregierung für den Kampf gegen Antisemitismus und auf die geplante bundesweite Meldestelle für judenfeindliche Übergriffe. „Denn wir sehen heute sehr verschiedene Formen des Antisemitismus: Einmal der Hass auf Juden durch die hiesige Bevölkerung, aber auch durch zugewanderte muslimische Menschen.“

Der Antisemitismus-Beauftragte Felix Klein warf im Deutschlandfunk der AfD vor, „viele antisemitische Positionen“ zu vertreten. So fordere die Partei beispielsweise ein Verbot von Beschneidung und des rituellen Schächtens. Gerade die Beschneidung sei jedoch „unabdingbare Voraussetzung jüdischen Lebens“. Die Attacken des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke hätten einen „sekundären Antisemitismus ausgelöst“.

Das Wiesenthal-Zentrum hob derweil den Einsatz der deutschen Justiz gegen NS-Verbrecher in den vergangenen Jahren hervor. In einem Jahresbericht, der gestern veröffentlicht wurde, ist die Rede von „erheblichen Fortschritten vor allem in Deutschland“. Schlechte Noten bekamen dagegen Länder wie Norwegen, Schweden, Österreich, Litauen und die Ukraine.

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