„Pofalla riskiert die Legitimität des politischen Systems“

Wenn Politiker zu schnell die Seiten wechseln, machen sie ihre Entscheidungen angreifbar. Warum? Das erklärt der Trierer Politik-Professor Axel Misch im Gespräch mit SZ-Redakteur Pascal Becher.

Herr Misch, mit Ronald Pofalla zieht es erneut einen hochrangigen Politiker auf den Posten eines Lobbyisten. Ist das nicht skandalös?

Misch: Rechtlich ist nichts zu beanstanden, wenn Politiker die Seiten wechseln und zu einem Wirtschaftskonzern gehen. Abgeordneter zu sein, ist nun mal kein Job auf Lebenszeit. Und dass Unternehmen die Chance nutzen, einen bestens vernetzten Politiker zu "kaufen", ist auch verständlich. Ein Elitenaustausch schadet primär nicht.

Ist Pofallas Schritt also okay?

Misch: Ganz und gar nicht. Politiker machen so sich und ihre Politik der Vergangenheit stets angreifbar. Die Bürger vermuten zu Recht, dass ein Minister möglicherweise während seiner Amtszeit Entscheidungen im Kabinett im Hinblick auf eine zukünftige berufliche Tätigkeit in einem Privatunternehmen oder einem Verband beeinflusst hat. Damit gefährden Pofalla und Co. die Legitimität des gesamten politischen Systems. Und das verdient Kritik.

Wie kriegen Politiker dennoch einen sauberen Schnitt hin?

Misch: Ich fürchte, es gibt keinen Königsweg. Etwas Geschmäckle hat die Sache immer. Pofalla hätte besser eine Zeit lang abgewartet, bevor er den Bahn-Posten angenommen hätte. Eine Karenzzeit, also eine längere Ruhephase zwischen Amt und Lobby-Job, wäre sinnvoll für Politiker. Auch sollten sich Minister spätere Tätigkeiten in der Wirtschaft, sofern sie einstige Arbeitsfelder im Amt berühren, genehmigen lassen müssen.

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