Plötzlich wollen alle Schwaben Zinsen à la Christian Wulff

Stuttgart. Die BW-Bank befindet sich seit der Wulff-Affäre in schwerem Fahrwasser. In Stuttgart, wo sie für viele die Hausbank ist, müssen sich Mitarbeiter so manches anhören, seit bekannt wurde, dass die Bank Bundespräsident Christian Wulff einen Vorzugskredit gewährte, der zeitweise bei 0,9 Prozent lag

 Mit der Kredit-Affäre um Christian Wulff brachen für die BW-Bank schwere Zeiten an. Foto: Danze/dpa

Mit der Kredit-Affäre um Christian Wulff brachen für die BW-Bank schwere Zeiten an. Foto: Danze/dpa

Stuttgart. Die BW-Bank befindet sich seit der Wulff-Affäre in schwerem Fahrwasser. In Stuttgart, wo sie für viele die Hausbank ist, müssen sich Mitarbeiter so manches anhören, seit bekannt wurde, dass die Bank Bundespräsident Christian Wulff einen Vorzugskredit gewährte, der zeitweise bei 0,9 Prozent lag. Wulff selbst hatte von "ganz normalen Konditionen" gesprochen, wie sie jeder Bankkunde bekomme. Damit freilich hatte der 52-Jährige in ein Wespennest gestochen. Bei der BW-Bank kommt es seither zu Anrufen selbst ernannter "Premiumkunden", die sich - mehr ironisch denn ernsthaft - nach jenen günstigen Konditionen erkundigen, von denen das Staatsoberhaupt sprach. Die Hotline der schwäbischen BW-Bank stehe nicht mehr still, heißt es. Dort werde man mit dem leicht genervten Hinweis vertröstet, die Zinshöhe für die Baufinanzierung werde individuell verabredet, hänge letztlich aber von den Sicherheiten ab, die ein Kunde biete. Welche Sicherheiten aber hatte Wulff zu bieten? Nur die gute Freundschaft zu einem hochvermögenden Hauskunden? Manche Anrufe von BW-Bank-Kunden sind weniger flapsig gemeint, sondern vielmehr Ausdruck größter Verärgerung.Die BW-Bank ist eine Tochter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Im Aufsichtsrat sitzen Politiker aller Couleur, den Vorsitz hat Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster. Die Bank hatte dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten - nach Vermittlung durch den Unternehmer Egon Geerkens - im März 2010 zunächst ein "kurzfristiges und rollierendes Geldmarktdarlehen mit günstigerem Zinssatz als zuvor" gewährt. Der Zinssatz lag zwischen 0,9 und 2,1 Prozent. Wulff im Interview bei ARD und ZDF: "Die BW-Bank war Bank von Herrn Geerkens und hat gesagt, wir sind auch interessiert, uns die Sache bei Herrn Wulff anzugucken. Und sie haben dann dieses Geldmarktangebot gemacht. Und das ist so, wie andere die Bedingungen auch haben."

Wulff freilich hatte damit etwa die Hälfte weniger Zinsen zu zahlen als andere Kunden, wenn sie ihre Immobilie dort finanzierten. Üblicherweise kommen Häuslebesitzer nicht in den Genuss solcher Dumpingzinsen. Erst Ende des Jahres 2011 mit Wirkung Mitte Januar 2012 wurde der Kredit in ein klassisches, langfristiges Immobiliendarlehen umgewandelt. Offiziell bestätigte die BW-Bank nur die Geschäftsbeziehung und die Daten der Unterschriften. Ansonsten beantwortete sie keine Fragen unserer Zeitung zu ihrem prominenten Kunden.

Bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft liegen inzwischen 13 Anzeigen rund um das Thema "Eigenheim und Kreditvergabe", bestätigt Sprecherin Claudia Krauth. Mal wird der Verdacht der Untreue formuliert, mal geht es den Anzeigenerstattern um Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung. Im einen Fall richtet sich die Ermittlung gegen Verantwortliche der BW-Bank. Im anderen Fall auch gegen Bundespräsident Wulff selbst. Ob die Strafverfolger einen Anfangsverdacht auf eine Straftat bejahen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, ist noch unklar. Heute will die Staatsanwaltschaft sich aber konkreter äußern.

 Mit der Kredit-Affäre um Christian Wulff brachen für die BW-Bank schwere Zeiten an. Foto: Danze/dpa

Mit der Kredit-Affäre um Christian Wulff brachen für die BW-Bank schwere Zeiten an. Foto: Danze/dpa

Von politischer Seite wird die Causa eindeutiger beurteilt. "Es sollte keine Sonderkonditionen für Politiker und Prominente geben", sagte Baden-Württembergs Vizepremier und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD). Auch der grüne Regierungschef Winfried Kretschmann äußerte sich in einem Interview negativ: "Eine Bank, an der die öffentliche Hand beteiligt ist, darf Politikern keine privilegierten Kredite geben."

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