Plan gegen tödlichen Pillen-Mix

Berlin · Vor allem ältere Menschen nehmen oft mehrere Medikamente gleichzeitig ein. Das kann gefährliche Nebenwirkungen verursachen. Jetzt soll ein einheitlicher Medikationsplan Todesfälle verhindern.

So mancher Patient spielt unbewusst Russisch Roulette. Jeder dritte über 65-Jährige in Deutschland nimmt fünf oder mehr Medikamente ein. Schon bei drei Medikamenten seien die Wechselwirkungen aber nicht mehr vorhersehbar, sagt Harald Dormann, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Fürth und Leiter eines Pilotprojekts, das Wege zu einer sicheren Medikamentenversorgung entwickeln sollte.

Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums gehen etwa fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Nebenwirkungen von Arzneimitteln zurück, ein Viertel davon könnte vermieden werden. Das heißt, dass schätzungsweise rund 250 000 Krankenhauseinweisungen jährlich auf vermeidbare Medikationsfehler zurückzuführen sind. Mehr als 25 000 Menschen jährlich sterben an Wechselwirkungen von Medikamenten.

Das soll sich ändern: Ab diesen Samstag haben alle Patienten , die längere Zeit drei oder mehr Medikamente einnehmen, Anrecht auf einen Medikationsplan - zunächst in schriftlicher Form. Ab 2018 soll der Medikationsplan auf die elektronische Gesundheitskarte übertragen werden - das ist Teil der geplanten Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die elektronische Speicherung der Daten ist für den Patienten freiwillig.

"Der Medikationsplan ist ein wichtiger Baustein, um den sicheren Umgang mit Arzneimitteln weiter zu verbessern. Dadurch können Einnahmefehler oder gefährliche Wechselwirkungen vermieden werden", erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ) gestern in Berlin . Gerade für ältere, chronisch und mehrfach erkrankte Menschen könne der Medikationsplan eine große Hilfe sein. Ganz nebenbei soll das Projekt nach Schätzungen auch Ausgaben in Milliardenhöhe sparen - denn gefährliche Wechselwirkungen zu behandeln, bringt beträchtliche Kosten mit sich.

Nach Berechnungen der Krankenkasse AOK haben rund 20 Millionen Bürger Anspruch auf einen Medikationsplan - also knapp 30 Prozent aller Versicherten. Er soll in der Regel vom Hausarzt erstellt werden, der dafür auch eine Vergütung erhält. Nur wenn Patienten keinen Hausarzt haben, sind auch Fachärzte verpflichtet, einen Medikationsplan auszustellen. Der Plan soll möglichst sämtliche Arzneimittel enthalten, die dem Patienten verschrieben werden - oder die er selber kauft. Ein Barcode auf dem Plan in Papierform ermöglicht, dass ihn Praxen, Kliniken und Apotheken per Scanner einlesen und aktualisieren können.

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