Peter Jacoby geht ans Eingemachte

Saarbrücken. Wenn Finanzminister Peter Jacoby (CDU) - im elften Jahr Kassenhüter - seinen Haushaltsentwurf vorstellt, geht es für gewöhnlich gemütlich zu. Die Sparnotwendigkeit ist allen Anwesenden bekannt. Der Kaffee steht im Sitzungssaal der Staatskanzlei bereit

Saarbrücken. Wenn Finanzminister Peter Jacoby (CDU) - im elften Jahr Kassenhüter - seinen Haushaltsentwurf vorstellt, geht es für gewöhnlich gemütlich zu. Die Sparnotwendigkeit ist allen Anwesenden bekannt. Der Kaffee steht im Sitzungssaal der Staatskanzlei bereit. Der Begriff der Haushaltsnotlage taucht regelmäßig auf, wie ein alter Bekannter, der zwar vorbeischaut, den aber niemand wirklich gern hat. Normalerweise sind alle froh, wenn die freudlosen Landesfinanzen abgearbeitet sind. Und die Haushaltsnotlage wieder aus dem Blickfeld verschwindet.

Das war einmal. An diesem Dienstag ist es merklich ungemütlicher, während Jacoby den Finanzplan für 2011 vorstellt. Und das nicht nur deshalb, weil in der Saarbrücker Staatskanzlei wegen Renovierung gehämmert, gebohrt, aber nicht getagt wird. Der Minister erklärt sich diesmal im Eingangsbereich des Palais Röder mit freiem Blick ins Treppenhaus. Dazu passt die Botschaft der Stunde: Es wird enger. Von der ungeliebten "Haushaltsnotlage" ist kein einziges Mal die Rede. Dafür fällt kein anderes Wort so oft wie die "Schuldenbremse".

Dieses von Bund und Ländern verabschiedete Instrument zur Begrenzung der Staatsschulden drängt die Landesregierung im kommenden Jahr zu Einsparungen von über 100 Millionen Euro, gibt Jacoby zu verstehen. Die Schuldenbremse sieht für alle Länder bis 2020 einen schrittweisen Abbau der Neuverschuldung nach einem Richtwert aus dem Jahr 2010 vor. Dieser Wert liegt für das Saarland bei 800 Millionen Euro. Bis 2020 muss dieser Betrag dauerhaft aus den Büchern gestrichen werden. Die erste 80- Millionen-Euro-Tranche ist nun im Haushalt eingeplant, plus weitere 20 Millionen als "Puffer", sagt der Minister.

Diesmal trifft es die Beamten, vorgesehene, aber nicht begonnene Bauprojekte und die Bildung: Das dritte Kindergartenjahr wird nicht mehr beitragsfrei für alle Eltern sein und auch die Schülerbeförderung sowie die Ganztagsschulen kosten die Eltern abhängig vom Einkommen künftig Geld. Der Finanzminister verkündet all das mit unter dem Tisch fest zusammengepressten Fingern und wippenden Knien. Seine Liste ist lang (siehe Artikel unten). Doch das dürfte erst der Anfang sein: "Es wird an den Punkt kommen, wo es keine Tabus mehr gibt", orakelt Jacoby gegen Ende des Gesprächs - bei dem sich stetig der Eindruck verdichtet, die Regierung muss ans Eingemachte. Wer und was alles zu den Vorräten zählt, weiß noch niemand so genau. Eine eigens eingerichtete Haushaltsstrukturkommission analysiert, welche Ausgaben künftig für verzichtbar erklärt werden könnten. Konflikte sind da programmiert.

Vorerst bleibt für den Minister nur die Hoffnung auf höhere Einnahmen. 2010 steigt das Steueraufkommen bereits. Mindestens 50 Millionen Euro werden in das Anfang 2010 aufgelegte Sondervermögen "Zukunftsinitiative" fließen. Schwerpunkte, in die diese Millionen investiert werden sollen, will die Regierung noch festlegen, sagt Jacoby.

Die Opposition fällt angesichts dieser Haushaltsplanung ein vernichtendes Urteil: "Kontinuität in der Perspektivlosigkeit", sagt beispielsweise SPD-Finanzpolitiker Reinhold Jost. Er nennt die Sondervermögen "hilflose Buchungstricks". Seine Kritik gilt auch der Kreditaufnahme: Einerseits spreche der Minister davon, "dass wir auf dem besten Weg sind, die Krise hinter uns zu lassen" (Jacoby), gleichzeitig mache das Saarland über 1,1 Milliarden Euro neue Schulden. "Und das im ersten Jahr der Schuldenbremse", so Jost. Für die Linken ist offenkundig, dass "die Jamaika-Koalition überhaupt kein Konzept für eine Haushaltskonsolidierung hat", sagt deren wirtschaftspolitischer Sprecher Heinz Bierbaum. Er sieht den Weg zur Sanierung nur über ein Plus bei den Einnahmen.

Opposition wie auch die Landeselterninitiative für Bildung kritisieren alle gemeinsam die Kürzungen bei den Elternbeiträgen. "Der Rotstift wird an der Bildung angesetzt", sagt Jost. Die Elterninitiative sieht sich getäuscht - wo doch laut Koalitionsvertrag die Bildungsausgaben unantastbar seien.

Finanzminister Jacoby muss sich mit diesen Vorhaltungen spätestens am 26. und 27. Oktober auseinander setzen. Dann steht er im Landtag und verteidigt seinen Haushalt. Das wird dann wie so oft zuvor und doch ganz anders. Die Haushaltsnotlage des Landes wird erneut eine Rolle spielen. Aber die Schuldenbremse stiehlt ihr die Schau. "Es wird an den Punkt kommen, wo es keine Tabus mehr gibt."

Finanzminister Jacoby

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