Party-Laune und Reform-Debatten

Der Friede des Herrn sei mit Dir", sagt eine Nonne zu einer jungen Frau und drückt ihr dabei die Hand. Tausendfach geben sich die Teilnehmer des Katholikentags am Donnerstagmorgen diesen Friedensgruß mit auf den Weg. "Diese Gemeinschaft ist das Schönste", sagt die Nonne beim Himmelfahrts-Gottesdienst

Der Friede des Herrn sei mit Dir", sagt eine Nonne zu einer jungen Frau und drückt ihr dabei die Hand. Tausendfach geben sich die Teilnehmer des Katholikentags am Donnerstagmorgen diesen Friedensgruß mit auf den Weg. "Diese Gemeinschaft ist das Schönste", sagt die Nonne beim Himmelfahrts-Gottesdienst. 17 000 Gläubige haben sich bei strahlendem Sonnenschein vor dem Mannheimer Schloss versammelt. Ein perfekter Auftakt für die ausgelassene Katholikentags-Stimmung. Die Predigt von Erzbischof Robert Zollitsch wird - das kennt man sonst nicht aus der Kirche - wiederholt von Applaus unterbrochen.Mehr als 60 000 Katholiken feiern in Mannheim bis zum Sonntag ein riesiges Glaubensfest. In der ganzen Stadt wird gesungen und gebetet, es gibt Andachten und Bibelarbeiten. "Ich möchte einfach abschalten und mich mittragen lassen von der guten Stimmung hier", erzählt eine Frau. Eine andere fügt hinzu: "Es ist toll, mit so vielen verschiedenen Menschen zusammenzukommen, zu sehen, was andere begeistert." Überall in der Stadt sieht man die orangenen Schals und die roten Katholikentags-Rucksäcke. Einige ziehen mit Pilger-Stäben durch die Straßen. Die Turnhallen der Mannheimer Schulen haben sich zu riesigen Schlaf-Quartieren verwandelt. Vor allem die jungen Kirchentagsbesucher haben dort ihre Schlafsäcke ausgerollt.

Hochbetrieb herrschte zeitweise auf der Bistumsmeile, wo sich die Diözesen präsentieren. Auch das Bistum Trier und der Katholikenrat sind dort mit einem gemeinsamen Stand vertreten, der als "Pilgerherberge" hergerichtet ist. Unter dem Motto "Unser Aufbruch" wird mit großformatigen, eindruckvollen Fotos an die gerade zu Ende gegangene Heilig-Rock-Wallfahrt erinnert. Gast in der Herberge war gestern auch der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der als Missbrauchs-Beauftragter der Bischofskonferenz im Programm mehrmals auftreten wird.

Es geht nicht nur um die gute Stimmung in Mannheim. Die Laien wollen über die Probleme der Kirche und über Reformen diskutieren. Denn gerade bei den jungen Katholiken wächst der Unmut. In den Gemeinden fehlen Priester, und viele Reform-Bemühungen scheitern am Widerstand aus Rom. "Es geht auch um die neue Sortierung der katholischen Kirche, weil ja so viele Priester fehlen", sagt eine Frau.

Auch wenn der Katholikentag unter dem Motto "Einen neuen Aufbruch wagen" läuft, haben längst nicht alle Teilnehmer noch die Hoffnung, dass die Diskussionen über Reformen in der katholischen Kirche etwas bringen. Der 54-jährige Andreas Grimm jedenfalls bleibt vorsichtig, ob es tatsächlich zu einem Aufbruch kommt. "Man wird sehen", meint das Kolping-Mitglied.

Ihre Laune verderben lassen von der reformkritischen Haltung der Amtskirche wollen sich die Katholiken aber auf keinen Fall. "Das Wichtigste ist das Gebet und die Verbindung zu Gott", sagt eine Rentnerin.

Die kirchenkritischen Reformgruppen, die außerhalb des Katholikentages mit einem eigenen Programm vertreten sind, verstehen sich als "rebellische Alternative" zu dem Laientreffen. Bei einer Pressekonferenz warfen sie dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Veranstalter vor, strittige Themen nicht oder nur oberflächlich zu behandeln. So spielten die vom Vatikan betriebene Rückkehr der erzkonservativen Pius-Bruderschaft und die kritische österreichische Pfarrer-Initiative um Helmut Schüller keine Rolle. Auch beim Thema Missbrauch werde nur an der Oberfläche gekratzt, waren sich die Sprecher der Initiativen "Kirche von unten", "Wir sind Kirche" und "Publik-Forum" einig. Der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach monierte, der Katholikentag werde von den Bischöfen "dominiert".

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