Obamas Reförmchen

Washington · Nach der Dauerkritik an der massiven Datenschnüffelei macht US-Präsident Barack Obama jetzt Zugeständnisse. Bürgerrechtler sehen seinen Korrektur-Vorschlag als ersten Schritt, der aber nicht annähernd ausreichend sei.

Wann immer Barack Obama durch schweres Fahrwasser segelt, bringt er seine Familie ins Spiel. Gattin Michelle habe ihn früher, als sie in eher bescheidenen Verhältnissen in Chicago lebten, oft skeptisch angeschaut, als er beteuerte, er habe den Abwasch erledigt. "Da musste man ihr schon mal das abgewaschene Geschirr zeigen", sagt Obama und schlägt den Bogen zur National Security Agency. Er selber wisse zwar, dass die NSA ihre Vollmachten nicht missbrauche. "Aber es reicht nicht, dass ich als Präsident Vertrauen in diese Programme habe. Auch das amerikanische Volk muss dieses Vertrauen haben."

Nach massiver Kritik an der Internet-Schnüffelei seiner Geheimdienste hat der frühere Verfassungsrechtler, am Freitagabend vor der Presse im Weißen Haus, erste Korrekturen angekündigt. Die Abhörmethoden als solche stellt er nicht infrage. Eher geht es um die Beruhigung der aufgebrachten, zumindest irritierten Öffentlichkeit. Nach der Maxime "Ich habe verstanden" versucht Obama, der von Links wie Rechts, von bürgerrechtsbewegten Demokraten wie libertären Republikanern, getragenen Rebellion im Kongress die Spitze zu nehmen.

Gemeinsam mit dem Parlament will sein Kabinett nach der Sommerpause den Patriot Act unter die Lupe nehmen, das nach den Anschlägen des 11. September 2001 beschlossene Gesetz, das dem Ausspähen Tür und Tor öffnet. Allerdings beschränken sich die "angemessenen Reformen", wie Obama sie nennt, nur auf den Abschnitt 215 des Gesetzes, jene Passagen, die das Sammeln von Verbindungsdaten amerikanischer Telefonkunden gestatten. Der Paragraf 702, auf den sich die Schlapphüte berufen, wenn sie weltweit das Internet überwachen, wird dagegen nicht angetastet.

Allerdings soll das Geheimgericht, das konkrete Fälle absegnet, in denen die NSA die Kommunikation von Ausländern auswerten darf, künftig weniger das bloße Feigenblatt sein, das es momentan offenbar ist. Eine Forderung mehrerer Senatoren aufgreifend, will das Oval Office sicherstellen, dass die Argumente von Abhörgegnern künftig mehr Gehör finden und Anwälte von Bürgerrechtsorganisationen den Juristen der Geheimdienste Paroli bieten können. Es sei der Eindruck entstanden, räumte Obama ein, als hörten die Richter zu oft nur "das eine Kapitel der Geschichte", als kippe die Waage zwischen kollektiver Sicherheit und individueller Freiheit zu oft in Richtung Sicherheit.

Ganz freiwillig kommt der Anlauf zur Mini-Reform offenbar nicht: Bereits vergangene Woche hatten die Senatoren Richard Blumenthal, Mark Udall und Ron Wyden, allesamt Parteifreunde des Staatchefs, in einem Gesetzentwurf verlangt, vor besagten Geheimgerichten Advokaten zuzulassen, die dezidiert auf den Schutz der Privatsphäre pochen. Und ob Obamas Ankündigung eine echte Kehrtwende markiert oder eher den Startschuss zu einer PR-Offensive, den verspäteten Versuch, in der Ferndebatte mit Edward Snowden wieder die Oberhand zu gewinnen, vermag noch keiner einzuschätzen. Vorläufig regiert die Skepsis.

"Ein erster Schritt, aber nicht annähernd ausreichend", meint Anthony Romero, Direktor der Bürgerrechtsliga ACLU. Als Nächstes müsse die Administration die vertraulichen Memoranden offenlegen, mit denen sie die Schnüffelei juristisch begründe, "ein Kompendium geheimen Rechts, nicht kontrolliert durch die Legislative". Wyden, in der NSA-Affäre der profilierteste Gegenspieler des Kabinetts, zeigt sich "ermutigt", will aber weiter mit aller Kraft auf ein Ende des massenhaften Sammelns von Telefondaten drängen.

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