Obamas politischer Magier ist zurück

Washington. Anfang der Woche fanden die 13 Millionen "Obama für Amerika"-Mitglieder eine E-Mail von David Plouffe in ihrem Posteingang

Washington. Anfang der Woche fanden die 13 Millionen "Obama für Amerika"-Mitglieder eine E-Mail von David Plouffe in ihrem Posteingang. Verbunden mit der Einladung, die State-of-the-Union-Rede im Kreise von Gleichgesinnten zu verfolgen, lieferte der Vater der historischen "Yes-We-Can"-Kampagne eine kurze Einschätzung der Schlappe in Massachusetts und des Umfragetiefs des Präsidenten. Er schlug vor, nach der Rede via Telefonkonferenz "die Köpfe zusammenzustecken" und Pläne zu schmieden. "Wir haben auf unserem Reform-Marsch kürzlich ein paar echte Unebenheiten angetroffen", schreibt der 42-jährige Plouffe und rät den Demokraten, sich "neu aufzustellen, neu zu konzentrieren und sich bei der lebenswichtigen Arbeit, die vor uns liegt, neu zu engagieren." Genau das wird der politische Magier, der zusammen mit seinem Freund David Axelrod im zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampf zwei Polit-Profis wie Hillary Clinton und John McCain ausmanövrierte, nun selber tun. Nach einem Jahr Abwesenheit im aktiven Tagesgeschäft, meldet sich Plouffe an der Seite Obamas zurück. Als einer der wenigen führenden Mitglieder des erfolgreichen Wahlkampfteams folgte er Anfang 2009 nicht dem Ruf des Präsidenten ins Weiße Haus. Stattdessen kümmerte er sich um seine Familie. Sein zweites Kind kam genau zwei Tage nach dem historischen Sieg Obamas zur Welt. Plouffe schrieb in dieser Zeit ein viel gepriesenes Insider-Buch über den Wahlkrimi 2008. "Der Mut zum Sieg" brachte ihm nicht nur einen millionenschweren Vertrag ein, sondern führte ihn auf Lesereisen rund um die Welt. Jetzt ist Plouffe wieder in Washington. Genauer in der Parteizentrale der Demokraten, von der aus er für Obama das Ruder herumreißen soll. Als Koordinator des Weißen Hauses für die Kongresswahlen im November soll der detailverliebte Workaholic helfen, ein politisches Massaker auf dem Capitol Hill zu verhindern. Auf dem Spiel steht die Kontrolle im Repräsentantenhaus und ein Zusammenschmelzen der Mehrheit im Senat. In einem Meinungsbeitrag für die "Washington Post" betont Plouffe, wie schwierig die Aufgabe ist, mit der ihn Obama vertraut hat. "Wir müssen noch viel vor dem November erledigen, und die Zeit ist kurz", schreibt der Politstratege. "Nicht Bettnässen" lautet die Parole, mit der er die immer noch vom Verlust des Senatssitzes in Massachusetts geschockten Parteifreunde herausfordert. Die Wut der Wähler richte sich nicht gegen die Demokraten per se, sondern die Amtsinhaber. Weshalb Plouffe auf volle Regionalisierung der Wahlen zu Senat und Repräsentantenhaus im November setzt. Diese Strategie könne jedoch nur erfolgreich sein, "wenn wir liefern, was wir versprochen haben". Plouffe erinnert daran, dass die Wähler Obama ins Weiße Haus schickten, weil sie "einen durchgreifenden Wandel" wollten. Seine konkreten Empfehlungen reichen von dem Beschluss "einer echten Gesundheitsreform ohne weitere Verzögerung", über Initiativen, die Jobs schaffen, bis hin zur Verteidigung des Konjunkturpakets, das nach aktuellen Schätzungen des Rechnungshofs 75 Milliarden US-Dollar mehr kostet als die ursprünglich beschlossenen 787 Milliarden US-Dollar. Zusammen mit Partner Axelrod wacht Plouffe nun wieder über die Klarheit der politischen Botschaft aus dem Weißen Haus. Mit der State-of-the-Union-Rede vergangene Nacht sollte die Wende zum Besseren beginnen. David Plouffe an Bord zu holen, sei ein kluger Schachzug Obamas, meint "Washington-Post"-Kolumnist Eugene Robinson. "Um die politische Initiative zurückzugewinnen, braucht es Substanz und auch Leidenschaft." Das bringt Plouffe mit. Hinzu kommt die intime Kenntnis der Dynamik im Kongress, die er in den Jahren als Bürochef des demokratischen Minderheitsführers Dick Gebhardt kennenlernte.

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