Obama wusste offenbar von Späh-Angriff auf Merkel

Berlin/Washington · Die Späh-Affäre um Angela Merkel weitet sich aus: Offenbar wird ihr Handy schon seit über zehn Jahren vom US-Geheimdienst angezapft. Präsident Barack Obama soll seit 2010 davon gewusst haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird nach übereinstimmenden Medienberichten seit mehr als einem Jahrzehnt vom US-Geheimdienst NSA ausspioniert. Ihr Handy stehe seit 2002 auf einer NSA-Liste mit Aufklärungszielen, berichtet der "Spiegel". Das Programm sei unter Präsident George W. Bush gestartet worden, nachdem die Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Beteiligung am Irak-Krieg verweigert hatte, schrieb die "Bild am Sonntag". Merkel war damals CDU-Chefin, Kanzlerin wurde sie 2005.

Präsident Barack Obama wurde nach Recherchen des Blattes 2010 von NSA-Chef Keith Alexander persönlich über den Lausch-Angriff auf Merkel informiert. Er habe ihn nicht gestoppt. Die NSA zapfte demnach neben Merkels Partei-Handy auch ein angeblich abhörsicheres Mobiltelefon an, das die Kanzlerin erst im Sommer erhielt. Abgefangen wurden demnach sowohl SMS-Nachrichten als auch Telefonate. Die Erkenntnisse daraus seien direkt ans Weiße Haus übermittelt worden.

Dagegen sagte eine NSA-Sprecherin gestern Abend, Alexander habe mit Obama "2010 nicht über eine angebliche Geheimdienstoperation Kanzlerin Merkel betreffend diskutiert". Nach Angaben des "Spiegel" versicherte Obama bereits am Mittwoch in einem Telefonat mit Merkel, er habe von der Abhör-Aktion nichts gewusst. Der Präsident habe sich entschuldigt und sein tiefes Bedauern ausgedrückt.

Als Reaktion auf die Überwachungsaffäre verlangte nach den Grünen und Linken auch die SPD die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. "Nur Aufklärung kann das schwer gestörte Vertrauen in den Schutz der Privatsphäre wiederherstellen", sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Er regte eine gemeinsame Initiative aller vier Fraktionen für einen Ausschuss an, was die Union bislang jedoch ablehnt. Zugleich mehrten sich die Rufe nach einer Zeugenvernehmung des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden, dessen Enthüllungen die Affäre ins Rollen brachten. > e, A 4: Meinung

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