„Obama hat meine Leitung angezapft“

Washington · US-Präsident Trump beschuldigt Vorgänger, die Telefone im Trump-Tower vor der Wahl abgehört zu haben. Dessen Dementi klingt vage.

Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen amerikanischer Politik, über den Vorgänger im Weißen Haus nichts Schlechtes zu sagen. Schon aus Respekt vor jenen, denen Gleiches gelang. Dass sich Donald Trump generell wenig um Regeln schert, ist bekannt. Dass er jetzt sogar Barack Obama übel beschimpft, sorgt in Washington erstmal für Sprachlosigkeit.

Es begann am Samstagmorgen, kaum dass Trump in seinem Strandclub in Palm Beach aufgewacht war, mit einem Tweet. In knapp 140 Zeichen rückte er Obama in die Nähe Joseph McCarthys, des Senators, der in den 50er Jahren eine regelrechte Hexenjagd gegen Amerikaner betrieb, die er für getarnte Kommunisten hielt. "Schrecklich! Habe gerade herausgefunden, dass Obama meine Leitungen im Trump Tower unmittelbar vor meinem Sieg angezapft hat. Nichts gefunden." Binnen kürzester Zeit folgte eine Anschuldigung, die Obama auf eine Stufe mit Richard Nixon stellte. Mit der Skandalfigur, die auf dem Höhepunkt der Watergate-Affäre zurücktreten musste, nachdem Einbrecher im Wahljahr 1972 das Hauptquartier der Demokraten verwanzten hatten und der Mann im Oval Office den Ahnungslosen spielte. "Das ist Nixon/Watergate. Böser (oder kranker) Bube!", wetterte Trump, ohne Beweise zu nennen.

Es war ein Moment, in dem es manche m schlicht die Sprache verschlug. Der Angegriffene, eingedenk des Verhaltenskanons für Staatschefs a.D. um Zurückhaltung bemüht, hüllte sich in Schweigen, während er einen Sprecher begründen ließ, warum Trump nicht recht haben konnte. Die Administration Obama habe sich stets an eine Grundregel gehalten, erklärte der Adlatus, und nach der mische sich das Weiße Haus nicht ein, wenn das Justizressort unabhängige Untersuchungen aufnehme. Folglich habe niemand im Weißen Haus angeordnet, einen Bürger der USA zu überwachen. Ben Rhodes, Obamas einflussreicher Außenpolitik-Berater, spitzte es später polemisch zu: Derartige Einschränkungen, schrieb er, an Trump gewandt, "wurden beschlossen, um die Bürger vor Leuten wie Ihnen zu schützen".

Bekannt ist, dass Justizministerium und FBI im Laufe des Jahres 2016 gegen Berater aus dem inneren Zirkel um den Immobilientycoon zu ermitteln begannen. Es ging um den bis heute im Raum stehende n Vorwurf, der Kreml könnte versucht haben, die amerikanische Wahl zu beeinflussen, indem er Hacker auf das Umfeld Hillary Clintons ansetzte. FBI-Detektive, das weiß man seit Januar, nahmen und nehmen die Russland-Kontakte von drei Vertrauten Trumps unter die Lupe. Unter anderem geht es um Paul Manafort, einen Profi der Politikvermarktung, der einst am Image Wiktor Janukowitschs, des pro-russischen Ex-Präsidenten der Ukraine, feilte. Niemand würde ausschließen, dass dabei Gespräche von Klienten Manaforts abgehört und E-Mails mitgelesen wurden.

Aber eine Lauschoffensive gegen Donald Trump? Es würde bedeuten, dass ihn das FBI verdächtigte, im Auftrag einer ausländischen Macht zu agieren, in diesem Fall als russischer Spion. Nur dann, so schreibt es die "Washington Post", hätten die Richter des Foreign Intelligence Surveillance Court, einer im Geheimen tagenden Instanz, einer Abhöraktion gegen den Milliardär zugestimmt. Der frühere Geheimdienstdirektor Obamas, James Clapper, ist sich sicher, dass es keine Überwachung gegeben hat. "Ich kann das zurückweisen. Ich hätte das gewusst", sagte Clapper im Sender NBC.

Möglich ist also wieder, dass Trump seine zornigen Tweets auf Berichte einer Website gründet, die bisweilen obskure Verschwörungstheorien in die Welt setzt. Auf "Breitbart News", die Plattform, die früher von Steve Bannon, dem heutigen Chefstrategen im Weißen Haus, gemanagt wurde. Am Freitag hatte Breitbart den Moderator einer rechten Radio-Talkshow, Mark Levin, mit den Worten zitiert, dass sich die Regierung Obama der Methoden eines Polizeistaats bediente, um der Kandidatur Trumps zu schaden. Womöglich reichte dies als Anstoß, um den Präsidenten via Twitter poltern zu lassen.

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