Obama droht dem Kreml mit Vergeltung

Washington · Der Streit zwischen USA und Russland spitzt sich zu: Präsident Obama droht Kremlchef Putin nun offen im Radio mit Vergeltung – da dessen Hacker mit geraubten Daten Stimmung für den Republikaner Trump gemacht hätten.

Es ist keine Petitesse. Barack Obama droht dem Kreml offen mit Vergeltung. Es geht um die Manipulation der Präsidentenwahl in den USA. Für die US-Regierung ist klar, wer dahinter steckte: russische Hacker , womöglich von Staatschef Wladimir Putin persönlich gesteuert. "Es steht außer Zweifel, dass wir handeln müssen, wenn eine ausländische Regierung die Integrität unserer Wahlen anzugreifen versucht", sagte Obama gestern in einem Interview mit dem Radiosender NPR. "Und handeln werden wir, je nachdem, wann und wo wir es für richtig halten." Über einiges werde man reden, über anderes nicht, fügte Obama vielsagend hinzu.

Nach Einschätzung der CIA hat Moskau durch Cyberattacken in den amerikanischen Wahlkampf eingegriffen, weil es Donald Trump gezielt Vorteile verschaffen wollte. Bereits im Sommer machten Berichte die Runde, nach denen Hacker im Auftrag des russischen Kabinetts die E-Mails des Nationalkomitees der Demokratischen Partei (DNC) erbeutet und an die Öffentlichkeit durchgestochen haben sollen. Später machte die Enthüllungsplattform Wikileaks die digitale Post John Podestas, des Kampagnenstrategen Hillary Clintons, publik. Auch daran soll der Kreml nach Erkenntnissen der CIA beteiligt gewesen sein.

Josh Earnest, der Sprecher des Weißen Hauses, machte am Donnerstag erstmals Wladimir Putin persönlich für das Kapitel verantwortlich: Es sei unwahrscheinlich, dass Russland auf so hoher politischer Ebene Hacker auf Amerika ansetze, ohne dass der russische Staatschef dies nicht abgesegnet habe.

Es sind entschieden schärfere Töne, als sie das Oval Office noch vor Wochen anschlug. Sie lassen erwarten, dass die Kontroverse noch höhere Wellen schlagen wird, bevor Obama sein Amt an Trump übergibt, zumal auch der Kongress in Washington den Fall unter die Lupe nehmen will. Nach dem 8. November hatte sich der scheidende Präsident lange zurückgehalten, um nicht den Eindruck von Missgunst gegenüber dem Wahlsieger Trump zu erwecken. Nur: Wenn Trump am 20. Januar seinen Amtseid ablegt, zieht ein Mann ins Weiße Haus ein, der nicht nur die Annäherung an Putin anstrebt, sondern auch über die CIA spottete, deren These von den russischen Cyberangriffen er "lächerlich" nannte.

Obama will vor seinem Gegenschlag noch den Abschlussbericht einer von ihm angeordneten Untersuchung abwarten. Jedoch sei der entscheidende Punkt schon jetzt offensichtlich, nämlich, dass die russischen Hacker Clinton weit größeren Schaden zugefügt hätten als Trump. Sie hätten zweifellos beigetragen zu einer Atmosphäre, in der über Wochen, ja Monate hinweg "Hillarys E-Mails, die Clinton-Stiftung, politischer Tratsch rund um das DNC" im Fokus standen. Jede große Macht, schob Obama hinterher, spioniere andere große Mächte aus. Es gebe aber einen Unterschied zwischen solchen Aktivitäten und der Art, sich gezielt geheimer Informationen zu bedienen, um eine Wahl zu beeinflussen.

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