Obama appelliert an die Welt

New York · In seinem letzten Appell an die Vereinten Nationen hat US-Präsident Barack Obama eindringlich vor Abschottung und Autokratie gewarnt. Außerdem forderte er mehr weltweites Engagement für Flüchtlinge.

Zum Abschied gibt Barack Obama noch einmal Kostproben seiner viel bewunderten Redekunst. In seiner letzten Rede vor der UN-Vollversammlung ruft der scheidende US-Präsident in leidenschaftlichen Worten zur globalen Zusammenarbeit auf, er warnt vor den billigen Rezepten der Nationalisten - und teilt subtil gegen seinen möglichen Nachfolger Donald Trump aus. "Ein Staat, der sich mit Mauern umgibt, baut sich letztlich nur sein eigenes Gefängnis", sagt Obama.

Auf Trumps Pläne, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer hochzuziehen, ist vieles gemünzt, was Obama zu sagen hat. Am Pult steht ein Internationalist, der ausmalt, welche Gefahren sich mit einem Planeten verbinden, auf dem sich jeder in sein eigenes Schneckenhaus zurückzieht. Man könne entweder die Kooperation ausbauen oder aber zurückfallen in eine Welt, die scharf geteilt sei, skizziert Obama die aktuelle Wegscheide. "Ich möchte Ihnen empfehlen, dass wir nach vorn gehen und nicht zurück." Das Zusammenwachsen der globalen Ökonomie habe das Leben von Millionen von Menschen verbessert. Die Zahl der Demokratien habe sich im vergangenen Vierteljahrhundert weltweit fast verdoppelt. Allerdings, räumt er ein, müsse man beim Vorangehen den eingeschlagenen Kurs korrigieren.

Eine Welt, in der ein Prozent der Erdenbewohner so viel besitze wie die restlichen 99 Prozent, könne nicht stabil sein. Eine Volkswirtschaft habe mehr Erfolg, wenn sie die Lücke zwischen Arm und Reich schließe. Dass dies im eigenen Land in seinen acht Amtsjahren nicht gelungen ist, erwähnt Obama allerdings nicht.

Einige, sagt er, seien offenbar der Ansicht, dass die Zukunft Autokraten begünstige, "den starken Mann". Doch im 21. Jahrhundert könne eine Gesellschaft mit derartigen Vorstellungen nur bis zu einem gewissen Punkt gelangen, bevor sie sich zwangsläufig öffnen müsse. Wie die Geschichte lehre, bedienten sich die starken Männer fragwürdiger Methoden, um ihr politisches Überleben zu sichern. Einerseits unterdrückten sie ihre eigene Bevölkerung, andererseits erklärten sie Akteure im Ausland zu Sündenböcken, was wiederum zu Krieg führen könne.

Zur Flüchtlingskrise schließlich formuliert Obama Sätze, die einmal mehr an den aufgeklärten Weltbürger denken lassen, auch wenn seine eher bescheidenen Taten deutlich zurückbleiben hinter seiner edlen Rhetorik. Zwar haben die USA mittlerweile ihr Versprechen erfüllt und seit Beginn des Bürgerkrieges mehr als zehntausend Syrern Asyl gewährt, doch dass dies nur ein Klacks ist im Vergleich zu den Flüchtlingszahlen in Deutschland oder Schweden, braucht der Präsident vor diesem Gremium nicht zu erklären. "Wir müssen unsere Herzen öffnen und jene willkommen heißen, die ohne eigene Schuld alles verlassen mussten, was ihnen lieb war", sagt der scheidende US-Präsident. Einige Staaten täten das Richtige, indem sie den Fliehenden zu Hilfe kämen. Viele andere, darunter auch reiche Länder, könnten aber wesentlich mehr tun.

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