Nordkorea auf gefährlichem Kurs Russland blickt beunruhigt zum Nachbarn Nordkorea

Seoul. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel schaukeln sich derzeit wieder gefährlich hoch. Nordkoreas Antwort auf Südkoreas Beitritt zu einer von den USA angeführten Initiative gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ließ nicht lange auf sich warten. Und fiel wie erwartet sehr scharf aus

Seoul. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel schaukeln sich derzeit wieder gefährlich hoch. Nordkoreas Antwort auf Südkoreas Beitritt zu einer von den USA angeführten Initiative gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ließ nicht lange auf sich warten. Und fiel wie erwartet sehr scharf aus. Weil sich Nordkorea als konkretes Ziel der Proliferations-Sicherheitsinitiative (PSI) versteht, die eine "Koalition der Willigen" vereint, sieht sich das Land durch den Nachbarn im Süden provoziert. Südkorea hatte seinen Beitritt als Reaktion auf den neuen Atomtest in Nordkorea am Montag bekanntgegeben. Jetzt warfen Nordkoreas Machthaber Südkorea vor, damit eine Kriegserklärung ausgestoßen zu haben. Mögliche Militäraktionen seien nicht mehr ausgeschlossen. Unverhohlene Drohungen aus Pjöngjang sind nicht neu. Schon im vergangenen Jahr hatte Nordkorea aus Unzufriedenheit mit der Politik der damals noch neuen konservativen Regierung in Seoul kriegerische Töne angeschlagen. Doch vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen wegen seines Atomwaffenprogramms hat das kommunistische Land seinen Konfrontationskurs verschärft. Mit dem Test einer Langstreckenrakete im April und dem jüngsten Atomtest brachte es die ganze internationale Staatengemeinschaft gegen sich auf. Um seinen Drohungen gegen Südkorea Nachdruck zu verleihen, erklärte Nordkorea zugleich, sich auch nicht mehr an die Verpflichtungen des Waffenstillstandsabkommens halten zu wollen, das den Korea-Krieg (1950-53) beendete. Angesichts dieser Strategie Nordkoreas nimmt die Besorgnis der Menschen in der Region zu. Beobachter sehen für die Drohungen mehrere Gründe. Pjöngjang wolle sich unter anderem die Aufmerksamkeit der USA verschaffen. Nordkorea wolle einen direkten, bilateralen Dialog mit den USA und das möglichst bald, sagt der Experte Choi Jin Wook vom Koreanischen Institut für Nationale Vereinigung in Seoul. "Doch die USA antworten nicht." Nordkorea verliere deshalb die Geduld. Für das Verhalten Nordkoreas werden daneben auch interne Probleme verantwortlich gemacht. Die Frage der Machtnachfolge in dem Land wird dabei als besonders hoher Risikofaktor eingestuft. Machthaber Kim Jong Il soll an den Folgen eines Schlaganfalls leiden. In einem abgeschotteten Staat wie Nordkorea könnte die Nachfolge noch mehr Unsicherheit schaffen, hatte US-Außenministerin Hillary Clinton erst unlängst ungewöhnlich offen über die Lage in dem Staat spekuliert. "Nordkorea befindet sich in einer viel verzweifelteren Situation als viele glauben", urteilt Choi. Das Land habe kein Geld, und die Menschen hätten nichts zu essen. Die Not der Menschen, aber auch die Unzufriedenheit in den einflussreichen Kreisen des Militärs und der Arbeiterpartei nähmen zu. Das Handelsdefizit mit China werde größer und die früher großzügigen Hilfslieferungen aus Südkorea blieben aus. Kim müsse sich beeilen. Mit den Tests von Atomwaffen und Raketen wolle Kim Stärke demonstrieren. Immer wieder folgten seit dem Ende des Korea-Kriegs auf Phasen erhöhter Spannungen auch Zeiten der Entspannung. Doch gibt es Befürchtungen, dass die Spannungen auf der Halbinsel eskalieren könnten, zunächst etwa in einem begrenzten Konflikt im Gelben Meer. Doch auch eine Katastrophe größeren Ausmaßes wird nicht gänzlich ausgeschlossen. Nordkorea ist sich jedoch nach Ansicht von Experten darüber im Klaren, dass es einen neuen Krieg nicht gewinnen kann.Moskau. Die Geduld Russlands mit dem fernöstlichen Nachbarn und einstigen Waffenbruder Nordkorea wird mit den jüngsten Provokationen Pjöngjangs auf eine harte Probe gestellt. Präsident Dmitri Medwedew verurteilte den Atomtest als "direkten Bruch internationalen Rechts". Russland trifft eigene Sicherheitsmaßnahmen, kann sich aber weiter nicht für verschärfte Sanktionen gegen Nordkorea erwärmen. Zwar wird in Moskau ein "militärischer Konflikt unter Einsatz von Atomwaffen" auf der koreanischen Halbinsel nicht ausgeschlossen. Doch eine akute Gefahr sehen die Militärs vor der eigenen Grenze bislang nicht. Der Moskauer Generalstab befahl den Einheiten im mehr als 7000 Kilometer entfernten Wehrbezirk Wladiwostok eine ununterbrochene Aufklärung möglicher Truppenbewegungen bei den Nachbarn. Eine Verlegung eigener Militäreinheiten an die Grenze zu Nordkorea sei aber nicht geplant. Mit dem unberechenbaren Staatsführer Kim Jong Il haben die Russen in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Vor drei Jahren gingen Raketen aus Nordkorea einige Dutzend Kilometer vor der Hafenstadt Nachodka im Japanischen Meer nieder. Die russische Abwehr habe davon erst aus dem Internet erfahren, berichteten Moskauer Zeitungen damals. In der Vergangenheit verneinte die russische Führung wiederholt die Möglichkeit einer nuklearen Gefahr durch Nordkorea. Entsprechende Erklärungen Pjöngjangs wurden als "Psychotricks" abgetan. Der jüngste Atomtest, immerhin der zweite innerhalb von drei Jahren, hat den Tonfall der russischen Diplomatie verschärft. "Wir sind bereit, eine starke Resolution des UN-Sicherheitsrates zu unterstützen", sagte Russlands UN-Botschafter Vitali Tschurkin in New York. Moskau zeigt VerständnisZugleich bemüht sich Russland um eine Wiederaufnahme der Sechsergespräche unter anderem mit den USA und China. Im Gleichklang mit Peking zeigt Russland weiter Verständnis für die Lage Nordkoreas. "Das Land hat berechtigte Interessen", zitierte die Agentur Interfax einen Sprecher des Außenministeriums in Moskau. Es dürfe nicht vergessen werden, dass Südkorea im Gegensatz zum Nachbarn im Norden unter dem "atomaren Schutzschirm" einer Großmacht stehe. Gemeint waren die USA. In der russischen Öffentlichkeit überwiegt weiter die Haltung, man dürfe die Nordkoreaner nicht in die Ecke treiben. "Je schärfer wir mit Pjöngjang reden, desto schärfer fällt auch die Antwort aus", sagte der Vorsitzende des Föderationsrates, Sergej Mironow. dpa

HintergrundAn der Waffenstillstandslinie des Koreakrieges stehen sich seit 56 Jahren zwei Militärmächte gegenüber. Zwei Atomtests in Nordkorea haben international Besorgnis ausgelöst. Nach Ansicht von Experten dürfte Pjöngjang aber noch bis zu acht Jahre benötigen, um einen Sprengkopf für eine selbstentwickelte Rakete zu bauen. Die konventionelle Bewaffnung Nordkoreas stelle darum eine größere Gefahr für seine Nachbarn dar. Seine Raketen können nicht nur ganz Südkorea, sondern auch den größten Teil Japans treffen. dpa

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