Nimmt Bosbach seinen Hut?

Berlin · Wolfgang Bosbach ist hart im Nehmen. Umgekehrt nimmt er auch kaum ein Blatt vor den Mund. Inzwischen scheint er seiner Rolle als Quertreiber in der CDU-Fraktion überdrüssig zu sein. Zieht er sich aus der Politik zurück?

Wolfgang Bosbach hat in der Vergangenheit auch die härtesten Attacken weggesteckt. So warf ihm 2011 der frühere Kanzleramtschef und jetzige Bahnvorstand Ronald Pofalla (CDU ) an den Kopf: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen." Schon damals ging es um den Euro und Bosbachs ablehnende Haltung zur Rettungspolitik der Regierung. Seine kritische Einstellung hat sich der 62-Jährige bis heute bewahrt. Doch genug ist irgendwann genug. Denkt der Abgeordnete Wolfgang Bosbach , dessen Bekanntheitsgrad den vieler Minister deutlich übersteigt, an den Ausstieg aus der Politik? In Berlin werden seine jüngsten Äußerungen dahingehend gedeutet. "Es fällt mir schwer, immer wieder gegen die eigene Fraktion zu stimmen", ließ Bosbach Anfang der Woche wissen. Am Freitag, wenn es im Bundestag um die Verlängerung der Griechenland-Hilfen geht, müsste er wieder Nein sagen. Er wolle aber "nicht immer die Kuh sein, die quer im Stall steht." Deswegen werde er "in Ruhe überlegen, wie es weitergeht".

Ein Leben ohne die Politik ist bei Bosbach, der eine Krebserkrankung äußerlich mit Bravour meistert, kaum vorstellbar. Wer das Geschäft jedoch ein wenig kennt, der weiß, dass Quertreiber in den eigenen Reihen keinen leichten Stand haben. Der Ex-Supermarktleiter aus Bergisch-Gladbach hat es nie bis zum Staatssekretär oder Minister gebracht, obwohl ihm das viele zugetraut haben. Und er es gerne geworden wäre. Dafür ist Bosbach aber die erste Wahl aus der zweiten Reihe geworden.

Der Innenpolitiker hat eine Gabe, die vielen im Berliner Politikbetrieb fehlt: Bosbach kann die Dinge auf den Punkt bringen, mit Substanz und hohem Unterhaltungswert dank seines rheinischen Gemüts. Der Vater von drei Töchtern mag die Selbstdarstellung. In Günther Jauchs Sendung "Wer wird Millionär" rief er einmal kurzerhand die Kanzlerin auf dem Handy an - als Telefonjoker. Merkel ging nicht ran, der Auftritt ist inzwischen aber legendär.

Manch einem in der Union geht Bosbachs Kommunikationsfreude gehörig auf den Geist. Zurückhaltend waren gestern jedenfalls die Reaktionen der Unionsführung auf einen möglichen Rückzug des Abgeordneten. Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU ) betonte, noch befände sich Bosbach ja in einem "Abwägungsprozess". CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte, es sei die Entscheidung jedes Einzelnen, wie er sich politisch betätige und wie intensiv er dies tue. Das klang dann doch sehr kühl.

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