„Niemand will ausgespäht werden“

Volker Kauder (63), der Chef der Unions-Frakition, hat sich gegenüber unseren Korrespondenten Werner Kolhoff und Stefan Vetter für eine begrenzte Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Weiteres heikles Thema: sein jüngerer Bruder Siegfried.

Herr Kauder, wie ernst nehmen Sie die Späh-Affäre?

Kauder: Ich nehme sie ernst, aber ich sehe auch, dass die Bevölkerung darauf sehr gelassen reagiert. Natürlich will niemand ausgespäht werden. Andererseits wissen die Leute, dass sie sich nur dann sicher fühlen können, wenn der Terrorismus bekämpft wird.

Wissen Sie, ob die NSA in Deutschland deutsche Internet-, Mail- und Telefonnutzer anzapft?

Kauder: Das weiß ich nicht.

Wissen Sie, ob die NSA europäische Institutionen abgehört hat?

Kauder: Das weiß ich auch nicht.

Als deutscher Politiker sollten sie aber ein Interesse daran haben, dass hierzulande Gesetze von einem ausländischen Geheimdienst eingehalten werden.

Kauder: Selbstverständlich fordere ich die Einhaltung der Gesetze. Auf der anderen Seite habe ich aber auch ein Interesse daran, dass eine Terrorgruppe wie die Sauerlandgruppe auffliegt, bevor sie Schaden anrichten kann. Dabei haben Hinweise der Amerikaner offenbar geholfen. Im Übrigen gilt: Geheimdienste heißen Geheimdienste, weil sie Geheimes tun.

Die CSU will wieder über die Vorratsdatenspeicherung nachdenken. Was halten Sie davon?

Kauder: Wir sollten in Europa zu dieser Frage endlich eine einheitliche Haltung entwickeln und sie dann überall umsetzen. Dabei müssen wir auch die noch ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigen. Dass Daten drei oder sechs Monate gespeichert werden und die Ermittlungsbehörden darauf nach richterlicher Anordnung zugreifen können, halte ich für akzeptabel. Danach sind sie zu löschen. Wir dürfen nicht riskieren, dass wieder ein schwerer Vorfall auf europäischem Boden passiert. Denn dann werden uns alle fragen: Warum haben wir keine Vorratsdatenspeicherung, warum habt ihr das nicht verhindert?

Die vielen Wahlversprechungen könnten der Union noch auf die Füße fallen. Niemand glaubt doch, dass sie finanzierbar sind.

Kauder: Wir haben im Regierungsprogramm konkrete Ziele benannt. Das erste Ziel heißt: Es geht weiter mit der Haushaltskonsolidierung. Ab 2016 sollen sogar erstmals Schulden zurückgezahlt werden. Alle weiteren Vorschläge stehen deshalb unter Finanzierungsvorbehalt - mit Ausnahme der Mütterrente. Deren Finanzierung ist bereits gesichert.

Liegt in der mangelnden Mobilisierung der Unionswähler eine Gefahr?

Kauder: In der Tat. Daran müssen wir arbeiten. Die meisten Mitglieder unserer Fraktion sind direkt gewählt. Sie sind ständig in Kontakt mit ihren Wählerinnen und Wählern.

Apropos Direktmandat: Ihr Bruder Siegfried ist in seinem Wahlkreis nicht wieder von der CDU aufgestellt worden und kandidiert nun als unabhängiger Bewerber. Wie finden Sie das?

Kauder: Er kandidiert gegen einen von der CDU aufgestellten Kandidaten und will gleichzeitig Parteimitglied bleiben. Unabhängig von Familienzugehörigkeiten muss ich klar sagen: Das geht nicht. Ich bedauere sehr, dass es so weit gekommen ist.

Sie fordern ein Parteiausschlussverfahren?

Kauder: Daran führt nach meiner Auffassung kein Weg vorbei.

Das vollständige Interview finden Sie unter www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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