Niederlande wählen Stabilität

Den Haag. Wochenlang hatte Geert Wilders die niederländische Wahl zu einer Abstimmung über Europa und den Euro hochgeredet. Genau dieses Votum bekam er am Mittwoch: Der für seine beißende Islamkritik bekannte Rechtspopulist wurde gnadenlos abgestraft und verlor fast ein Drittel seiner Sitze im Parlament von Den Haag

Den Haag. Wochenlang hatte Geert Wilders die niederländische Wahl zu einer Abstimmung über Europa und den Euro hochgeredet. Genau dieses Votum bekam er am Mittwoch: Der für seine beißende Islamkritik bekannte Rechtspopulist wurde gnadenlos abgestraft und verlor fast ein Drittel seiner Sitze im Parlament von Den Haag. Die Niederländer haben sich für die "Stabilität der Mitte" entschieden, wie es am Tag nach der Wahl hieß. Ministerpräsident Mark Rutte kann mit seiner rechtsliberalen VVD (26,6 Prozent) als stärkster Partei und 41 Mandaten eine neue Regierung bilden. Sein Partner dürften die Sozialdemokraten (PvdA) sein, die mit 39 Sitzen (24,7 Prozent) zur zweitstärksten Kraft aufrückten. Schon die beiden zusammen hätten eine stabile Mehrheit, die endlich einmal für eine volle Legislaturperiode reichen würde. Möglicherweise holen sie sich aber noch die europafreundliche D66 hinzu.

Obwohl Mark Rutte als Premier im Amt bleibt, dürfte sich auch für Deutschland manches ändern. Bisher galt der ehemalige BP-Manager als strammer Anhänger der Merkel-Linie in Europa. Ob Reisefreiheit oder straffe Sparmaßnahmen - der 45-Jährige unterstützte die strikte Linie der deutschen Regierungschefin. Nun muss er aber auf einen neuen Partner achten: Sozialdemokraten-Chef Diederick Samsom (41), der eigentliche Überraschungssieger der Wahl, will Solidarität auch europäisch verstanden wissen und kündigte bereits an, notfalls auch einem dritten Hilfspaket für Athen nicht im Wege zu stehen. Mehr Machtbefugnisse für die EU wird die künftige niederländische Regierung wohl nicht hinnehmen. Merkel könnte beim Kampf um eine verstärkte politische Union ein wichtiger Partner abhanden gekommen sein.

Dennoch zeigte man sich vor allem in Brüssel froh, dass die latente Gefahr eines Sieges der Europa-Gegner gebannt ist. Den Haags EU-Kommissarin Neelie Kroes sagte: "Ein fantastisches Ergebnis für die Niederlande und Europa. Wir können jetzt ein Kabinett bilden, das ernsthaft in Europa mitreden kann." Das wird auch nötig sein. Denn noch gehören unsere Nachbarn zu den letzten vier Ländern der Währungsunion, die auf den Finanzmärkten eine AAA-Bestnote bekommen. Erste Warnungen, Den Haag könnte heruntergestuft werden, gab es allerdings schon. Vor diesem Hintergrund könnte sich die neue Regierung doch zu einem schärferen Sparkurs und einer schnelleren Haushaltskonsolidierung entschließen. Allein bis Ende dieses Jahres müssen die Ausgaben um rund zwölf Milliarden Euro sinken. dr

Foto: danieles/dpa

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