Nicht braun, sondern krebsrot

Brüssel. Sonnenbank statt Mittelmeer - rund 14 Millionen Bundesbürger suchen jedes Jahr die künstliche Bräune in Solarien. Am Freitag hat die Brüsseler EU-Kommission jedoch Alarm geschlagen: Ein Jahr lang überprüften die Behörden in zehn Mitgliedsstaaten (darunter Deutschland) 500 Sonnenbänke an 300 Standorten wie Studios oder Wellness-Zentren

Brüssel. Sonnenbank statt Mittelmeer - rund 14 Millionen Bundesbürger suchen jedes Jahr die künstliche Bräune in Solarien. Am Freitag hat die Brüsseler EU-Kommission jedoch Alarm geschlagen: Ein Jahr lang überprüften die Behörden in zehn Mitgliedsstaaten (darunter Deutschland) 500 Sonnenbänke an 300 Standorten wie Studios oder Wellness-Zentren. Die Ergebnisse sind besorgniserregend: Jede siebte künstliche Sonne überschritt die zulässigen Grenzwerte für UV-Strahlung. Verbraucher werden häufig nicht beraten. Und das auch in der Bundesrepublik geltende Solarien-Verbot für unter 18-Jährige ist löchrig. Die Bilanz fällt keineswegs strahlend aus. Bis zu 140 000 Bundesbürger erkranken nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation WHO pro Jahr an Hautkrebs. Am Schwarzen Melanom sterben rund 3000 Deutsche. Erst im Vorjahr hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung Sonnenbänke als besonders krebserregend eingestuft. Das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, steige um 75 Prozent, wenn ein Mensch schon vor dem 30. Lebensjahr regelmäßig eine Sonnenbank nutze. Beim Bundesfachverband Sonnenlicht Systeme spricht man dagegen von einer "überzogenen Diskussion" und "künstlicher Angstmache". Schließlich hätten die Solarien auch einen gesundheitsfördernden Aspekt: Sie gleichen den Vitamin-D-Mangel aus, an dem nach einer Erhebung des Robert-Koch-Institutes rund 60 Prozent der Bundesbürger leiden. Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention in Hamburg lässt dies nicht gelten: "Die schwächste Strahlung auf einer Sonnenbank entspricht der Mittagssonne am Äquator." Die EU hatte bereits 2006 eine wissenschaftliche Studie erstellen lassen, die die eklatante Hautkrebs-Gefahr belegte. Daraufhin wurden alle Bestrahlungsgeräte genormt. Technisch einwandfreie Sonnenbänke tragen ein Prüfzeichen. Außerdem gab es Richtlinien, nach denen beispielsweise Heimgeräte ausgezeichnet und Solarien-Besucher beraten werden müssen. Offenbar mit erheblichen Defiziten. Auch der Bundesfachverband Sonnenlicht sprach im Vorjahr davon, dass lediglich 900 der etwa 4000 Solarien in der Bundesrepublik zertifiziert wurden und damit hohe Standards unter Beweis gestellt hatten. Nun will die EU-Kommission die Marktüberwachung vor Ort massiv verstärken und gleichzeitig mit der Industrie ins Gespräch kommen.dr

HINTERGRUND Diese Tipps geben Experten sonnenhungrigen Solariumsnutzern: Beratung: Die UV-Strahlung wirkt je nach Hauttyp unterschiedlich. Deshalb erst beraten, dann bräunen lassen. Schutz: Nie ohne Augenschutz auf die Sonnenbank. Außerdem sollte vorher jegliche Kosmetik von der Haut entfernt werden. Siegel: Technisch einwandfreie Sonnenbänke tragen ein Prüfzeichen. Neuere Produkte enthalten übrigens Bestrahlungsröhren, die extrem wenig UV-Licht abgeben. Jugendliche: Unter 18-Jährige sollten Sonnenbänke meiden. In Deutschland ist ihnen der Besuch von Solarien bereits verboten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Hartz IVNach seinen provozierenden Äußerungen zum Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts muss FDP-Chef Guido Westerwelle Kritik von allen Seiten einstecken. Die Sachdiskussion über die Folgen des Karlsruher Richterspruchs geht unterdessen weiter.
Hartz IVNach seinen provozierenden Äußerungen zum Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts muss FDP-Chef Guido Westerwelle Kritik von allen Seiten einstecken. Die Sachdiskussion über die Folgen des Karlsruher Richterspruchs geht unterdessen weiter.