Nicht alles deutsche Einheitssuppe

Saarbrücken. Manche lesen stirnrunzelnd das Schild über dem Verkaufsstand, gehen zögernd weiter. Andere steuern zielstrebig den Tresen an: "Deutsche Einheitssuppe? Was ist das denn?", fragen sie den Koch Sandro Eifler. "Das ist eine Suppe mit Jagdwurst, Kartoffeln und Gemüse. 16 Zutaten, das beste aus allen Bundesländern ist da drin", sagt der Görlitzer und grinst

Saarbrücken. Manche lesen stirnrunzelnd das Schild über dem Verkaufsstand, gehen zögernd weiter. Andere steuern zielstrebig den Tresen an: "Deutsche Einheitssuppe? Was ist das denn?", fragen sie den Koch Sandro Eifler. "Das ist eine Suppe mit Jagdwurst, Kartoffeln und Gemüse. 16 Zutaten, das beste aus allen Bundesländern ist da drin", sagt der Görlitzer und grinst. Das genaue Rezept bleibt sein Geheimnis. Nur so viel: "Die 17. Zutat ist das Salz, das steuern die Zipfelgemeinden bei." Eifler ist als Suppenkoch Teil der Vermarktungsidee des "Zipfelbundes". Dazu haben sich vor zehn Jahren vier Gemeinden zusammengeschlossen, die den äußersten Rand - die Zipfel - der Republik markieren. Es sind Görlitz im Osten, List auf Sylt im Norden, Selfkant im Maastal im Westen und Oberstdorf im Süden. Sie werben gemeinsam für sich, sind stets auch präsent bei den Feiern zum Tag der deutschen Einheit - diesmal in Saarbrücken.

Sandro Eifler ist unzufrieden. "In Saarbrücken geht unsere Suppe nicht so weg, die setzen sich hier nicht mal gemütlich hin", sagt er und rührt im 100-Liter-Topf. Nebenan, aus dem Zelt des Landes Baden-Württemberg quellen am Samstagmittag Besucher, bepackt mit Reisekatalogen. Wer möchte, kann im Zelt auch Maultaschen probieren - offenbar schon eher nach dem Geschmack der Saarländer.

Entlang der Franz-Josef-Röder-Straße präsentieren sich die Bundesländer meist kulinarisch und touristisch in festlich weißen Zelten. Nicht zu übersehen auf der Ländermeile, weil die Nachbildung des Brandenburger Tores alle Blicke auf sich zieht, der Standort Berlin. In der Mittagssonne reihen sich Hungrige geduldig in die lange Warteschlange vor einer Grillbude. Alle wollen die Berliner Currywurst testen. Die gibt es nicht nur klassisch mit Schrippe (Brötchen), sondern auch für "Yuppies" mit 22-Karat-Blattgold, Trüffelpommes und Sekt. Aufnahmen von der Bundeshauptstadt vor und nach dem Mauerfall erinnern an den Anlass der Feier. Ja, auch politische Bildung ist Bestandteil des Bürgerfestes. Von der Ländermeile über die Alte Brücke rechts runter auf die Saarwiesen geht's zur Bundesmeile. Dort informieren Freitag und Samstag die Verfassungsorgane über ihre Arbeit.

"Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Wurst vom Schwenker ist besonders aromatisch. Deshalb stimmen Sie mit mir für das Schwenk-Grill-Betriebsstätten-Ergänzungsgesetz", sagt der Bundeskanzler mit ernster Miene. Kurz unterbrochen wird er vom hinter ihm sitzenden Bundestagspräsidenten, der einen Abgeordneten tadelt: "Bitte nehmen Sie im hohen Haus Ihre Kopfbedeckung ab." Der Angesprochene schaut betroffen, packt verlegen seine Schirmmütze weg. Die "Abgeordneten" sind in Wirklichkeit Besucher des Bundestags-Zeltes, die im Rollenspiel eine Plenardebatte mitgestalten. "Meine Schüler haben mich alle verlassen", sagt Jutta Nicklich und schaut mit einem Lächeln in das nach Parteizugehörigkeit farblich abgegrenzte Abgeordnetenrund. Die Politiklehrerin am Saarlouiser Robert-Schuman-Gymnasium hat sich als Abgeordnete auf einem roten SPD-Sitz niedergelassen. Ihre Schüler, allesamt Zehntklässler, zeigen aber eindeutige Präferenzen für Grüne und FDP. Der Schwenk-Grill-Gesetzentwurf wird von ihnen per Handzeichen mit knapper Mehrheit angenommen.

Die Saarlouiser Schüler müssen zur nächsten Quizrunde nebenan ins Bundesrats-Zelt. Dort treten sie über den Tag verteilt gegen fünf andere Schulen an. Der Siegerklasse winkt eine Reise nach Berlin. Diesmal spielt Saarlouis gegen Schüler des Gymnasiums Ottweiler. Frage: In welcher Reihenfolge wechselt der Bundesratspräsident? Bestimmt sie der Bundespräsident, der Kanzler oder geht es nach der Einwohnerzahl der Länder? Die Saarlouiser Matthias Kell und Merlin Kallenborn entscheiden sich für die richtige Antwort C. Nach gewonnener Runde kommt der Name ihrer Klasse in die Lostrommel. Die beiden sind entspannt. Sie wissen, dass es nicht nur auf ihr Wissen ankommt. Denn abends entscheidet das Los über den Sieg. Die Klasse 10i des Ottweiler Gymnasiums gewinnt die Reise. Darüber sind die Saarlouiser aber nicht traurig. Sie hatten einen schönen Tag, sagen sie. Zumindest an diesem Wochenende hat Politik richtig Spaß gemacht. "Die setzen "Es gibt blühende Landschaften,

sich hier

nicht mal

gemütlich hin."

Suppenkoch Sandro Eifler

aus Görlitz

wenn auch

nicht überall."

Ministerpräsident

Peter Müller

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