Neuer US-Botschafter ist gut bekannt in China

Washington · Peking hat bereits Bekanntschaft mit dem undiplomatischen Stil des künftigen US-Präsidenten gemacht. Der neue Botschafter in Peking dürfte aber gut ankommen: Er ist ein alter Kumpel von Präsident Xi Jinping.

Terry Branstad hatte gerade sein Gouverneursamt in Iowa angetreten, als er Xi Jinping zum ersten Mal traf. Man schrieb 1985, eine Delegation aus China besuchte den Bundesstaat im Mittleren Westen, um von den Erfahrungen amerikanischer Landwirte zu lernen.

Xi war ein unbekannter Apparatschik aus der Provinz Hebei, und in Muscatine am Mississippi ließen ihn Tom und Eleanor Dvorchak im Kinderschlafzimmer übernachten, wo ihn kosmische Star-Trek-Figuren umgaben. Der Gouverneur Branstad legte Wert darauf, die Gäste persönlich zu empfangen, denn China war ein Markt, den Iowa mit seinen endlosen Maisfeldern unbedingt erschließen wollte. Weshalb Xi, heute chinesischer Staatspräsident, den Mann einen alten Freund nennt. "Für mich seid ihr Amerika", schmeichelte er seinen Gastgebern aus Iowa, als er 27 Jahre nach der Premiere in Muscatine ein zweites Mal kam. "Was ich an Eindrücken über dieses Land sammelte, das stammt von euch."

Angesichts der Vorgeschichte liegt es auf der Hand, einen wie Branstad als Botschafter nach Peking zu entsenden. Ein wenig überraschend kam es dann aber doch, als Donald Trump den 70-Jährigen berief. Im Wahlkampf hatte Trump damit gedroht, chinesische Exporte in die Vereinigten Staaten mit Zöllen von 45 Prozent zu belegen. Als designierter Präsident nahm er nicht nur einen Anruf der taiwanesischen Staatschefin entgegen, er machte auch deutlich, dass er die Ein-China-Politik, wonach die USA allein die Volksrepublik, nicht aber Taiwan anerkennen, auf den Prüfstand zu stellen gedenkt. Das wirft natürlich die Frage auf, was er mit der Personalie Branstad bezweckt. Soll der "alte Freund" Xi Jinpings eine Art Seelentröster sein, der nette Wortgirlanden flicht, um einen in der Sache verschärften Kurs verbal abzuschwächen? Oder signalisiert seine Ernennung, dass Trumps aggressive Parolen, die prompt die Angst vor einem Handelskrieg schürten, nur Wahlkampflärm waren? Es gibt nicht viele Experten in Washington , die entweder auf das eine oder das andere wetten würden.

Als das republikanische Establishment Trump noch die kalte Schulter zeigte, gehörte er zu den wenigen, die den Milliardär bereits unterstützten, sich anfangs zumindest neutral verhielten. Er tat es auch, weil Ted Cruz, der texanische Gegenspieler des New Yorker Tycoons, die Ethanol-Subventionen für die Maisbauern Iowas zurückfahren wollte, womit er den Zorn des Gouverneurs auf sich zog. Dessen Sohn Eric leitete das Kampagnenbüro Trumps in Iowa. Ein anderer Sohn, Marcus, geht mit Trumps Ältestem, Donald junior, auf die Jagd. Branstad senior, so viel lässt sich mit Gewissheit sagen, wird nach gewonnener Schlacht für seine Treue belohnt, wie das bei amerikanischen Botschaftern - oft Großspender eines Kandidaten - ja häufig der Fall ist. Mit einem Wunschposten.

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