USA Im Kongress brechen neue Zeiten an

Washington · Das Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit errungen haben, nimmt seine Arbeit auf. Präsident Trump könnten harte Zeiten drohen.

 Der neu gewählte US-Kongress (darin die Statue des ersten Präsidenten George Washington) tritt erstmals zusammen. Die Demokraten holten die Mehrheit im Repräsentantenhaus; der Senat blieb republikanisch.

Der neu gewählte US-Kongress (darin die Statue des ersten Präsidenten George Washington) tritt erstmals zusammen. Die Demokraten holten die Mehrheit im Repräsentantenhaus; der Senat blieb republikanisch.

Foto: dpa/J. Scott Applewhite

Jerrold Nadler, Adam Schiff, Elijah Cummings – es sind Namen, die von nun an des Öfteren in den Schlagzeilen auftauchen werden. Am heutigen Donnerstag, wenn die Demokraten dank ihrer im November gewonnenen Mehrheit die Geschäfte im Repräsentantenhaus übernehmen, übernehmen sie auch den Vorsitz der Ausschüsse der Kammer. Damit können sie Zeugen vorladen und die Herausgabe von Dokumenten erzwingen, um potenzielle Interessenkonflikte unter die Lupe zu nehmen, sowohl die Konflikte einzelner Kabinettsmitglieder als auch die des Präsidenten Donald Trump. War die Opposition zwei Jahre lang auf die Rolle der Bittstellerin reduziert, so ändert sich dies radikal. Nadler, Schiff und Cummings stehen symbolisch für die Zäsur.

Nadler, ein ehemaliger Rechtsanwalt aus New York, der demnächst den Justizausschuss leitet, ist ein alter Widersacher Trumps. Bereits in den Achtzigern und Neunzigern kreuzten sich die Wege der beiden. Läuft es noch vor der Wahl 2020 auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump hinaus, dann ist Nadlers „Justice Committee“ das Gremium, das den Stein ins Rollen bringt. Ob es dazu kommt, bleibt freilich offen. Zum einen wäre ein Impeachment nur dann von Erfolg gekrönt, wenn eine Zweidrittelmehrheit des Senats dafür stimmt. Da die Republikaner 53 der 100 Senatoren stellen, wäre die Voraussetzung, dass der Sonderermittler Robert Mueller einen für Trump vernichtenden Bericht präsentiert und sich die „Grand Old Party“ zu großen Teilen von ihrem Präsidenten abwendet. Zu welchen Schlüssen Mueller gelangt, kann niemand vorhersagen. Zum anderen warnt die Demokratin Nancy Pelosi, die voraussichtlich neue Parlamentspräsidentin, ihre Parteifreunde davor, die Amtsenthebung zum zentralen Thema zu machen. Einer Mehrheit der Wähler brenne anderes unter den Nägeln, von der Modernisierung der Infrastruktur bis hin zu dem bisher gescheiterten Versuch, den rasanten Kostenanstieg im Gesundheitssektor zu bremsen.

Auch Adam Schiff zählt zu den Schlüsselfiguren des 116. Kongresses der US-Geschichte. Der Jurist mit Harvard-Abschluss aus Kalifornien tritt an die Spitze des Geheimdienstausschusses, der Kontakten Trumps zu Ländern wie Russland oder Saudi-Arabien auf den Grund gehen dürfte. Im Raum steht dabei die Frage, ob der Immobilienmogul Trump Geschäfte anbahnte, die die außenpolitische Agenda des Präsidentschaftskandidaten Trump beeinflussten.

Cummings schließlich, auch er Jurist, ein afroamerikanischer Parlamentsveteran aus Baltimore, wird den Kontrollausschuss der Abgeordnetenkammer leiten. Er will beispielsweise untersuchen, ob die Trump-Organisation, geführt von Trumps Söhnen, von der politischen Macht des Präsidenten profitiert. Um nur einen Punkt zu nennen: Das Trump-Hotel in Washington wird von manchen Botschaftern, insbesondere aus dem Mittleren Osten, auffallend oft für Empfänge gebucht. Cummings hat angekündigt, ein grelles Licht darauf zu werfen.

Dass die Zeichen auf Konfrontation stehen zwischen Regierung und Repräsentantenhaus, daran kann kein Zweifel bestehen. Der Wahlkampf 2020 wirft seine Schatten voraus, im Grunde hat er schon am Silvestertag begonnen, als Elizabeth Warren ihren Hut in den Kandidatenring warf. Die erste Bewerberin vom linken Flügel der Demokraten, der weitere folgen dürften. Das Herz der Parteibasis schlägt zunehmend links, insbesondere in den Großstädten am Atlantik wie am Pazifik, vor allem bei den Jüngeren. Schon das dürfte einen Druck entfalten, der Kompromisse mit dem Weißen Haus erheblich erschwert – auch wenn jeder Stratege weiß, dass Präsidentschaftswahlen nicht unbedingt an den Küsten entschieden werden.

Die Aufgabe der Vermittlerin Nancy Pelosi wird künftig darin bestehen, die Bildung einer Art linker Tea Party bei den Demokraten zu verhindern, die den Rest der Partei so vor sich hertreibt, wie es die rechten Rebellen der Tea-Party-Bewegung mit den Republikanern taten. Es ist ein Balanceakt von hohem Schwierigkeitsgrad.

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