Neue Regeln im Kampf gegen Terror

Berlin · Wieder bekommen Polizei und Geheimdienste zusätzliche Befugnisse. Im Eiltempo bringen Union und SPD ein Anti-Terror-Paket durch das Parlament. Die Opposition ist schwer irritiert.

 Handys mit Prepaid-Karte sollen künftig nicht mehr anonym verkauft werden dürfen. Foto: fotolia

Handys mit Prepaid-Karte sollen künftig nicht mehr anonym verkauft werden dürfen. Foto: fotolia

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Deutschland will im Kampf gegen den Terrorismus den Datenaustausch mit ausländischen Geheimdiensten verstärken. Der Bundestag beschloss gestern ein Gesetz, das dafür die Grundlagen schafft. Verschärft wird mit dem Anti-Terror-Paket auch die Regelung zum Kauf einer Prepaid-SIM-Karte. Die Neuregelungen in der Übersicht:

Informationsaustausch: Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll in Zukunft gemeinsame Dateien mit "wichtigen ausländischen Nachrichtendiensten" - insbesondere aus Nachbarstaaten und anderen EU- oder Nato-Ländern - einrichten können. Ziel ist, mehr Informationen über Terrorverdächtige zu teilen. Auch der Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden in Deutschland soll ausgeweitet werden.

Verdeckte Ermittler: Das Bundeskriminalamt setzt schon lange verdeckte Ermittler ein - also Beamte, die sich mit falscher Identität in kriminelle Zirkel einschleichen, um dort Informationen zu sammeln. Künftig soll das auch der Bundespolizei erlaubt sein. Ziel ist vor allem ein Zugang zur Schleuser-Szene.

Prepaid-Handys: Künftig soll es nur noch dann möglich sein, eine Prepaid-Karte für ein Handy zu kaufen, wenn man ein Ausweisdokument vorlegt. Bereits heute müssen Telekommunikationsanbieter bestimmte Daten wie Name, Anschrift und Geburtsdatum von Prepaid-Kunden erheben. Laut Regierung funktioniert die Prüfung der Identität bisher aber nicht. Polizei und Geheimdienste sehen es als Risiko, dass Terrorverdächtige und Kriminelle solche Handy-Karten auch anonym nutzen können.

Das Gesetzesvorhaben soll den Bundesrat am 8. Juli, also in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, passieren. Zustimmungspflichtig ist es dort nicht. Politiker von Union und SPD verteidigten die Pläne als dringend notwendig für den Anti-Terror-Kampf .

Linke und Grüne beschwerten sich dagegen vehement über die Eile im parlamentarischen Verfahren und zerpflückten das Paket. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte, das Gesetz sei ein "weiterer Angriff auf die Grundrechte " und werde unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung "mal eben so" durch das Parlament "gepusht". Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sprach von einem unzureichenden Eilverfahren. Die Pläne seien unverhältnismäßig, verfassungswidrig, grundrechtsgefährdend und unbrauchbar für die Terrorbekämpfung. "Es ist eine Mogelpackung", sagte er an die Adresse der Koalitionäre. "Sie schreiben Anti-Terror drüber, aber es steht alles Mögliche drin."

Meinung:

Ein hoher Preis der Sicherheit

Von SZ-Redakteur Ulrich Brenner

Die Terror-Gefahr in Europa ist akut. Da müssen schon substanzielle Einwände vorgebracht werden, um Sicherheitsbehörden Werkzeuge zu verweigern. Dass künftig auch Daten Minderjähriger erfasst werden, erscheint angesichts der wachsenden Gefahr, die von im Internet radikalisierten Jugendlichen ausgeht, angemessen. Auch ist nicht unbedingt nachzuvollziehen, warum die Erhebung von Ausweisdaten beim Kauf von Prepaid-Karten ein Eingriff für den normalen Bürger sein soll, der ja schon heute seinen Namen korrekt angeben muss. Der Austausch von Daten mit fremden Diensten ist dagegen weit problematischer. Zwar kann die grenzüberschreitende Vernetzung Terror-Gefahren im Vorfeld aufdecken. Doch ungewiss bleibt, was andere Länder mit den Daten deutscher Bürger machen. Ein hoher Preis.

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