Nervös wie bei der Abi-Prüfung

Berlin. Nach einer Stunde lässt sich Steffen Seibert erst einmal eine zweite Flasche Wasser reichen. Der Mann wirkt geschlaucht. Kein Wunder, in der Regel dauern die Regierungspressekonferenzen 40 Minuten, dann hat die leidige Fragerei der Journalisten ein Ende. Diesmal ist das anders

 Er spielt mit dem Stift und lächelt nervös: Steffen Seibert gestern vor seinem ersten Auftritt als Regierungssprecher. Foto: dpa

Er spielt mit dem Stift und lächelt nervös: Steffen Seibert gestern vor seinem ersten Auftritt als Regierungssprecher. Foto: dpa

 Er spielt mit dem Stift und lächelt nervös: Steffen Seibert gestern vor seinem ersten Auftritt als Regierungssprecher. Foto: dpa

Er spielt mit dem Stift und lächelt nervös: Steffen Seibert gestern vor seinem ersten Auftritt als Regierungssprecher. Foto: dpa

Berlin. Nach einer Stunde lässt sich Steffen Seibert erst einmal eine zweite Flasche Wasser reichen. Der Mann wirkt geschlaucht. Kein Wunder, in der Regel dauern die Regierungspressekonferenzen 40 Minuten, dann hat die leidige Fragerei der Journalisten ein Ende. Diesmal ist das anders. Und bei Seibert kommt noch hinzu, was er gleich zu Beginn freimütig einräumt: Er sei "echt nervös" wie bei der "Abi- und Führerscheinprüfung zusammen". Entwaffnend ehrlich gibt sich Angela Merkels neuer Regierungssprecher bei seinem ersten Auftritt vor der Bundespressekonferenz.Smart, telegen, wortgewandt, das ist Seibert. Auch hier, die Nervosität redet er weg. Schließt man die Augen, während er spricht, läuft vor einem imaginär das "Heute-Journal" ab. Das hat der 50-Jährige bis vor kurzem noch im ZDF moderiert. Dann hat ihn plötzlich Angela Merkel angerufen. "Große Überraschung" beim Moderator, es folgte "nicht so langes Überlegen" und schließlich "ein Gespräch mit meiner Frau" - schon hatte die Kanzlerin die Zusage.Jetzt sucht Seibert eine Wohnung in Berlin, Frau und drei Kinder sollen in einem Jahr folgen. Und seit wenigen Tagen ist der Mann vom Zweiten nun auch Staatssekretär, der mit dem Bundespresseamt eine Behörde mit rund 500 Mitarbeitern leiten muss, und - wohl das Wichtigste - die Politik der Regierung erklären und verkaufen soll. "Das ist viel Neues auf einmal", räumt er ein. Zumal sein neuer Job eine gewisse Präzision erfordert, vor allem aber detailreiche Kenntnisse über Themen und Innenleben der Regierung. Daran wird Seibert in den nächsten Monaten gemessen werden, gestern war er noch ganz der nette ZDF-Moderator. Und die Journalisten verzeihen Fehler ausnahmsweise. Ohnehin ist seine Aufgabe angesichts der vielen Streitthemen in der Koalition schwierig. Sein Vorgänger Ulrich Wilhelm, der Intendant beim Bayerischen Rundfunk wird, kannte das politische und journalistische Geschäft gut; er wusste um die vielen Fallstricke, in denen sich ein Sprecher verheddern kann. Seibert hingegen hat den Berliner Betrieb bisher nur von Mainz aus beobachtet. Bei Wilhelm holte er sich deshalb einen "Extrem-Crash-Kurs". Dass der nicht reichen wird, weiß er selbst: Er müsse sich zunächst noch anschauen, "wie es läuft, ich kenne die Gepflogenheiten nicht", so Seibert.Bei der Amtseinführung im Presseamt am Nachmittag wünscht ihm Angela Merkel jedenfalls, dass er erfolgreich arbeite, und zwar schon aus "Eigeninteresse". Sie habe über die Neubesetzung der Stelle des Regierungssprechers viel gegrübelt, und irgendwann habe sich dann eine Möglichkeit ergeben, an die sie eben nicht zuerst gedacht habe. Und die hieß Seibert. Und da ja immer viele fragen würden, ob der Neue denn auch wirklich Zugang zu ihr und all den Runden und Zirkeln in der Regierung haben werde - ja, das werde er, versichert Merkel.Denn darauf kommt es an. Bei seinem ersten Auftritt vor der Bundespressekonferenz wird Seibert auch schon mal getestet: Atompolitik, Pakistan, Wehrpflicht, Steuerreform, geschont wird er nicht. "Keine Ahnung", rutscht ihm zwischendurch raus, die Journalisten gucken verdutzt bei so viel Ehrlichkeit. "Ich entschuldige mich, es ist mein erstes Mal", schiebt er nach. Im Regierungsfilm ist Seibert noch nicht. Das merkt man. Ob er sich angesichts der schwarz-gelben Krise wie auf der Titanic fühle, wird er gefragt. Nein, das Schiff sei "sehr seetüchtig". Das klingt dann schon ganz nach Regierungssprecher. Dass auch andere dies mal wieder glauben, ist für die nächsten drei Jahre seine Aufgabe.

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