Nazis, RAF, Honecker – große Prozesse

Der bevorstehende Prozess um die Mordserie der Terrorzelle NSU erinnert an frühere große Verfahren mit politischem Hintergrund in Deutschland.

1945/1946: Die überlebenden Hauptkriegsverbrecher des Nazi-Regimes stehen in Nürnberg vor dem Internationalen Militärgerichtshof der Siegermächte. Zehn Angeklagte, deren individuelle Schuld als erwiesen gilt, werden hingerichtet. Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit gelten seither als strafbare Handlungen. 1950: Die DDR geht gegen vermeintliche oder tatsächliche Kriegsverbrecher vor. Besonders spektakulär sind die Prozesse im sächsischen Waldheim, wo sogenannte Volksrichter in Schnellverfahren mehr als 3000 Angeklagte aburteilen, 33 davon zum Tode. Die Stiftung zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur spricht später von einem "dunklen Kapitel der DDR-Justiz". 1963-1965: Im Frankfurter Auschwitz-Prozess stehen Aufseher und Angehörige der Lagerverwaltung in dem nationalsozialistischen Vernichtungslager vor Gericht. Sechs der 20 Angeklagten müssen lebenslang ins Gefängnis, elf werden zu Zuchthausstrafen zwischen drei und 14 Jahren verurteilt, drei werden freigesprochen. 1975-1977: Die Justiz rechnet in Stuttgart-Stammheim mit den Mördern der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) ab. Wegen des Prozesses wird sogar die Strafprozessordnung geändert. Der Verteidiger Otto Schily - später für die SPD Bundesinnenminister - kritisiert eine "systematische Zerstörung aller rechtsstaatlichen Garantien". 1992: Im November beginnt ein Verfahren gegen den ehemaligen DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker sowie weitere fünf DDR-Spitzenfunktionäre. Die Justiz macht Honecker für die Schüsse an der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze verantwortlich. Nach juristischem Gezerre ordnet das Berliner Verfassungsgericht Mitte Januar 1993 die Einstellung des Verfahrens gegen den Krebskranken an.

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