Nach 788 Tagen ist "Saarmaika" Geschichte

FDP-Landeschef Oliver Luksic war gestern ein viel gesuchter Mann. Für den Vormann der Saar-Liberalen hatten aber private Dinge absoluten Vorrang. Während Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer offiziell vor Journalisten das Aus der gerade zweijährigen Jamaika-Koalition erklärte, stand Luksic seiner Ehefrau Katharina im Kreißsaal bei der Geburt der gemeinsamen Tochter Lina Sophie bei

Für das Wohl des Saarlandes, so sagte Annegret Kramp-Karrenbauer gestern, müsse sie die Jamaika-Koalition beenden. Foto: Ruppenthal

Für das Wohl des Saarlandes, so sagte Annegret Kramp-Karrenbauer gestern, müsse sie die Jamaika-Koalition beenden. Foto: Ruppenthal

FDP-Landeschef Oliver Luksic war gestern ein viel gesuchter Mann. Für den Vormann der Saar-Liberalen hatten aber private Dinge absoluten Vorrang. Während Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer offiziell vor Journalisten das Aus der gerade zweijährigen Jamaika-Koalition erklärte, stand Luksic seiner Ehefrau Katharina im Kreißsaal bei der Geburt der gemeinsamen Tochter Lina Sophie bei. Mit ihrer Botschaft von der politischen Scheidung schickte die Regierungschefin beste Wünsche an die Luksics in die Klinik.Kramp-Karrenbauer folgte an ihrem zweiten Arbeitstag nach einem Kurzurlaub im Nordsee-Reizklima dem oft zitierten Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Sie kündigte das bundesweit einmalige Jamaika-Bündnis aus CDU, Liberalen und Grünen auf, nicht ohne vorher Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeweiht zu haben. Die Schuld wies sie eindeutig der FDP zu. Vor mehr als einem Dutzend Mikrofonen und TV-Kameras sagte sie in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz wörtlich: "Die FDP-Landtagsfraktion, aber auch der Landesverband der FDP Saar befinden sich in einem Zustand der Zerrüttung." Sie erwähnte staatsanwaltliche Ermittlungen im liberalen Umfeld und sprach von "weiteren personellen Unwägbarkeiten und Risiken". In ihrer Erklärung, die sie nüchtern und sachlich vom Manuskript ablas, hieß es weiter: "Eine nachhaltige Befriedigung und eine Rückkehr der FDP Saar zu geordneten Verhältnissen ist aus meiner Sicht in absehbarer Zeit nicht zu erwarten." Eine sachorientierte Regierungsarbeit sei daher nicht mehr gewährleistet.

Die CDU-Landeschefin, die noch keine fünf Monate als Ministerpräsidentin amtiert, aber alle 788 Saarmaika-Tage im Land in Regierungsverantwortung erlebte, setzt jetzt auf eine Große Koalition. SPD-Landeschef Heiko Maas hat sie unmittelbar nach dem Jamaika-Schlusswort Gespräche über eine "Koalition auf Augenhöhe" angeboten. Vorverhandlungen über ein solches Bündnis habe sie nicht geführt, sehr wohl aber diverse Gespräche mit Maas zu anderen Anlässen. Dies gehöre aber zur "politischen Normalität". Ausdrücklich schloss Kramp-Karrenbauer, die im dunkelbraunen Kostüm vor die Kameras trat, Neuwahlen im Land nicht aus.

Die Regierungschefin hat ihren Kurs, sich von den zerstrittenen und verfeindeten Saar-Liberalen und damit zwangsläufig auch von den "mitunter unbequemen, aber sehr verlässlichen Grünen" zu trennen, von ihrem CDU-Führungspersonal absegnen lassen. Um die Mittagszeit wurden die Kreisvorsitzenden, darunter Innenminister Stephan Toscani und Fraktionschef Klaus Meiser, in die Regierungszentrale gerufen. Es war nur eines von zahleichen Krisengesprächen. Mit ihrem Vorgänger Peter Müller hatte sie telefonisch Kontakt. Ex-Minister Karl Rauber schaute ebenfalls an seiner alten Wirkungsstätte in der Staatskanzlei vorbei. Am späten Nachmittag wurden dann die Landtagsfraktion, zu der jetzt auch der Ex-Liberale Christian Schmitt gehört, und der CDU-Landesvorstand informiert. Einhellig wurde, wie es heißt, das konsequente Durchgreifen im Interesse des Landes als richtig und alternativlos bezeichnet. "Viele in der Fraktion sind erleichtert, dass wir die Idioten los sind", kommentierte ein CDU-Abgeordneter. Kramp-Karrenbauer werde in der Öffentlichkeit an Ansehen gewinnen, weil sie sich von der FDP nicht auf der Nase herum tanzen ließ.

Noch-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann hatte die Nachricht vom Ende Jamaikas um die Mittagszeit über eine Exklusiv-Nachricht auf der Internetseite der Saarbrücker Zeitung erfahren. Minuten später rief die Ministerpräsidentin bei ihm an. "Ich war überrascht, aber nicht geschockt", meinte Hartmann. Er habe sich ohnehin schon entschieden gehabt, an die Spitze der Landtagsfraktion zu wechseln und sich damit "innerlich vom Ministeramt" bereits verabschiedet. Offenbar wollen die vier verbliebenen FDP-Parlamentarier schon am Montag Hartmann küren, der dann als Minister zurücktreten könnte, ehe er offiziell entlassen würde. Hartmann hat die Live-Übertragung der Pressekonferenz im SR-Fernsehen gesehen und gehört, wie die Regierungschefin sagte, sie werde die grünen und FDP-Minister spätestens am 18. Januar feuern.

Sauer reagierte FDP-Fraktionsvize Horst Hinschberger, dem nachgesagt wird, er habe im August 2011 bei der geheimen Wahl Kramp-Karrenbauer die Stimme verweigert - was er entschieden dementiert. Sein Kommentar: "Die Koalition geht so zu Ende, wie sie geführt worden ist."

Für FDP-Chef Oliver Luksic wird der Dreikönigstag 2012 unvergesslich bleiben. Um 16.25 Uhr hielt er seine Tochter Lina Sophie erstmals im Arm. Planspiele, ob der junge Papa und Bundestagsabgeordnete von Berlin als Wirtschaftsminister in die Jamaika-Regierung kommt, hatten sich zu diesem Zeitpunkt längst erledigt. "Ich war überrascht, aber nicht geschockt."

Noch-Wirtschaftsminister

Für das Wohl des Saarlandes, so sagte Annegret Kramp-Karrenbauer gestern, müsse sie die Jamaika-Koalition beenden. Foto: Ruppenthal

Für das Wohl des Saarlandes, so sagte Annegret Kramp-Karrenbauer gestern, müsse sie die Jamaika-Koalition beenden. Foto: Ruppenthal

Christoph Hartmann (FDP)

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