Muss der deutsche Botschafter raus aus Pjöngjang?

Berlin. Die deutsche Botschaft in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang ist ein besonderer Ort. Nicht etwa, weil das Gebäude ein Überbleibsel aus DDR-Beständen ist. Das kommt auch anderswo vor

 Botschafter Thiedemann arbeitet in Nordkorea unter speziellen Umständen. Foto: Brakemeier/dpa

Botschafter Thiedemann arbeitet in Nordkorea unter speziellen Umständen. Foto: Brakemeier/dpa

Berlin. Die deutsche Botschaft in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang ist ein besonderer Ort. Nicht etwa, weil das Gebäude ein Überbleibsel aus DDR-Beständen ist. Das kommt auch anderswo vor. Aber sonst ist es in deutschen Auslandsvertretungen nicht allzu häufig, dass man eine eigene Stromversorgung braucht, ein eigenes Netz für die Kommunikation mit dem Ausland und einen besonders gesicherten Flur, der die acht aus Berlin entsandten Diplomaten und die Ortskräfte, die der nordkoreanische Staat ausgewählt hat, penibel voneinander trennt.

Am Freitag wurde die Botschaft im Munsudong District zu einem der neuesten Ziele im Propaganda-Feldzug des jungen Machthabers Kim Jong Un. Botschafter Gerhard Thiedemann bekam von den nordkoreanischen Behörden die Empfehlung, mit seinen Leuten besser abzuziehen. Die Deutschen waren aber nicht die einzigen. Ähnliche Schreiben gingen etwa auch an die Vertretungen Großbritanniens und Russlands. Am Nachmittag war man in den Hauptstädten noch mit der Interpretation beschäftigt.

Die Briten erklärten, Nordkorea habe letztlich nur gewarnt, dass man "im Falle eines Konflikts nach dem 10. April" nicht mehr in der Lage sei, Botschaften zu schützen. Eine förmliche Aufforderung zur Evakuierung habe es aber nicht gegeben. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sah darin schon die klare Aufforderung, das Feld zu räumen. "Wir klären gerade die Einzelheiten, dann treffen wir eine Entscheidung." Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) ließ über einen Sprecher mitteilen: "Die Sicherheit und Arbeitsmöglichkeit unserer Botschaft wird angesichts der Eskalation laufend überprüft." Zuvor schon hatte er immer wieder zu "Besonnenheit auf allen Seiten" gemahnt. "Aus einem Krieg der Worte darf kein echter Krieg werden."

In der Demokratischen Volksrepublik Korea stehen Berlins Diplomaten besonders in der Pflicht: Deutschland nimmt dort auch die Interessen anderer Staaten wahr, die keine eigene Vertretung haben. Von den 27 EU-Mitgliedern sind aktuell nur sieben in Pjöngjang, auch viele andere westliche Staaten fehlen. Botschafter Thiedemann erklärt dazu: "Die USA, Südkorea und Japan sind in Pjöngjang nicht mit Botschaften vertreten. Da wir 365 Tage im Jahr vor Ort sind, trägt Deutschland eine gewisse Verantwortung dafür, mit Nordkorea im Gespräch zu bleiben."

Für den Botschafter ist es praktisch unmöglich, mit normalen Nordkoreanern in Kontakt zu kommen. "Es ist belastend, sich nicht frei bewegen zu können im Land", klagte Thiedemann kürzlich während eines Deutschland-Aufenthalts in der "Sächsischen Zeitung". Wichtigste offizielle Ansprechpartner sind das Außenministerium und die Internationale Abteilung der Kommunistischen Partei. Dort kann Thiedemann zumindest ein wenig noch von alten Zeiten profitieren. Der Leiter der Internationalen Abteilung, Choe Thae Bok, studierte in den 50er-Jahren in der DDR im sächsischen Freiberg. Aber am Freitag sah es nicht danach aus, als ob das viel helfen würde. dpa

Hintergrund

Nordkoreas Militär hat am Freitag eine zweite Mittelstreckenrakete an die Ostküste verlegt, wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Eine erste war bereits am Vortag dorthin gebracht worden, wie das südkoreanische Verteidigungsministerium mitgeteilt hatte. Die Flugkörper haben eine Reichweite von bis zu 4000 Kilometern und könnten Südkorea, Japan oder eine US-Militärbasis auf Guam im Pazifik treffen. dpa

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