Mr. Bush meldet sich zurück

Washington. "Vermisst Ihr mich schon?", fragen die fetten Buchstaben unter dem schelmischen Porträt George W. Bushs, das auf Reklametafeln überall in den USA auftaucht. Am Hauptbahnhof von Washington hängen die T-Shirts mit dem Logo im Sonderangebot am Verkaufsständer. Nicht gerade ein Bestseller in der liberalen Hochburg

Washington. "Vermisst Ihr mich schon?", fragen die fetten Buchstaben unter dem schelmischen Porträt George W. Bushs, das auf Reklametafeln überall in den USA auftaucht. Am Hauptbahnhof von Washington hängen die T-Shirts mit dem Logo im Sonderangebot am Verkaufsständer. Nicht gerade ein Bestseller in der liberalen Hochburg. Auch sonst lässt sich nicht allzu viel Sehnsucht nach dem 43. Präsidenten ausmachen, der nach seinem Abgang fast völlig von der Bildfläche verschwand. In Umfragen machen ihn die Amerikaner zwei Jahre nach Ende seiner Amtszeit noch immer für den Scherbenhaufen verantwortlich, der in der Wirtschaft, aber auch im Irak und in Afghanistan hinterlassen wurde. Auf Drängen von Ehefrau Laura, der es auf der Ranch in Crawford nie richtig gefiel, zogen die Bushs in einen wohlhabenden Vorort von Dallas. Dort arbeitete Bush an seinen Memoiren, die heute in den USA erscheinen. Das Buch "Decision Points" ("Entscheidungs-Punkte") entstand in Zusammenarbeit mit seinem früheren Redenschreiber Christopher Michel. Während Bushs Buch wenig Neuigkeiten enthält und sich in die Galerie der Präsidenten-Memoiren einreiht, die jenseits von ein paar hübschen Anekdoten vor allem durch Auslassungen glänzen, sorgt seine Rückkehr in die Öffentlichkeit für umso mehr Aufsehen. Tatsächlich gibt es in diesen Tagen kein Entkommen vor dem Texaner. Den Auftakt macht ein ausführliches Gespräch mit NBC-Starmoderator Matt Lauer. Als Tiefpunkt seiner Präsidentschaft beschreibt Bush in dem Interview die Kritik des Rap-Musikers Kanye West an seiner Reaktion auf Hurrikan Katrina. West hielt ihm damals vor, ihm seien Schwarze egal. "Ich habe mir nichts daraus gemacht, wenn Leute behaupteten, ich hätte über die Massenvernichtungswaffen gelogen oder die Steuern gesenkt, um den Reichen zu helfen", meint Bush. "Aber mir wegen unserer Antwort auf Katrina zu unterstellen, ich sei ein Rassist, war ein Allzeit-Tief."Ansonsten bedauert Bush wenig. Nicht den Krieg gegen den Irak, "der Amerika sicherer machte". Nicht die Folter von Al-Qaida-Verdächtigen, weil dies bedeutet hätte, "ein größeres Risiko einzugehen, angegriffen zu werden". Auch nicht die Politik der Deregulierung der Märkte und der unbezahlten Steuerreform, die die Basis der enormen Verschuldung der USA schuf.Im Interview wie auch im Buch wirkt Bush seltsam passiv. Immer wieder fällt das Wort "blindsided", was "bewusst im Dunkeln gelassen" bedeutet. Demnach waren es seine Untergebenen, die ihn mit falschen Geheimdienst-Informationen fütterten, ihm die Horrorbilder aus Abu Ghraib vorenthielten oder nicht sagten, was sich an den Finanzmärkten zusammenbraute. All dies wird Bush in den kommenden Tagen wieder und wieder in Erinnerung rufen. Auf der Couch von Talkshow-Queen Oprah Winfrey oder bei Jay Leno. Besonders spannend dürfte der Auftritt bei Rush Limbaugh werden, der Stimme der Tea-Party-Bewegung.Vielen Tea-Party-Republikanern wäre es lieber gewesen, Bush hätte weiterhin seinen Hund Barney in der Nachbarschaft ausgeführt. Wird er von den Rechtspopulisten doch beschuldigt, konservative Prinzipien verraten zu haben. "Uns kann nichts Besseres passieren", reibt sich der demokratische Stratege Mark Mellman die Hände. "Bush wird die negativen Erinnerungen beleben."

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