Bekleidung Modebranchen-Gigant H&M sucht Edelnische

Kopenhagen/München · Im hart umkämpften Textilmarkt sucht H&M neue Absatzchancen. Jetzt soll in München die erste deutsche Filiale der Marke „Arket“ starten.

 Rund 4500 Läden betreibt die Modekette H&M derzeit weltweit. Doch der Umsatz und die Erträge gehen zurück.

Rund 4500 Läden betreibt die Modekette H&M derzeit weltweit. Doch der Umsatz und die Erträge gehen zurück.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Die neueste Adresse in der Kopenhagener Mode-Shopping-Welt hat kein Schaufenster. Über der Tür steht auch kein Markenname – nur neben dem Fenster, unauffällig in dünnen schwarzen Lettern auf weißem Grund. „Arket“ soll kein Laden für die klassische Fußgängerzonen-Schaufenster-Hatz sein, sondern „slow fashion“, den Gegenentwurf zum Massenkonsum, massentauglich machen. Mitte Oktober öffnet ein solches Geschäft nun auch in München.

Die schwedische H&M-Gruppe, zu der die Kette gehört, zielt damit im Jahr ihres 70. Geburtstages auf neue Käuferschichten, die keine Lust mehr haben auf trendgetriebenes, eiliges Shoppen. Es sollen haltbare Produkte mit gehobener Qualität in den Regalen der spartanisch eingerichteten Läden liegen – und das zu deutlich höheren Preisen.

Das 1947 gegründete schwedische Unternehmen reagiert mit seiner mittlerweile siebten Marke auf wachsenden Druck. Im dritten Quartal musste der Konzern einen deutlichen Gewinnrückgang verbuchen. Konkurrenten wie Primark, Zara, Tk-maxx und Co. sind ihm im Billig-Geschäft auf den Fersen. Die gesamte Modebranche befinde sich im Umbruch, muss Unternehmens-Chef Karl-Johan Persson feststellen. Sein Vater, Gründer-Sohn und Aufsichtsratschef Stefan Persson, feiert heute Geburtstag. Er wird 70, genauso alt wie H&M.

Das klassische H&M-Format komme langsam an seine Grenzen, sagt Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE. „Arket“ sei „ein neuer Versuch, mit einem hochwertigeren Angebot an den Markt zu gehen“. Dies werde vor allem zu einem Verdrängungswettbewerb etwa mit den Modehäusern führen. „Wir kaufen alle in der Summe nicht mehr“, meint Stumpf. Ein Ende des Billig-Booms im Textilhandel sieht er auch angesichts der H&M-Offensive jedoch nicht.

„Kunden sind heute in bestimmten Situationen bereit, etwas mehr für ein Produkt zu bezahlen, auch wenn man grundsätzlich auf den Preis achtet“, sagt Hansjürgen Heinick, Textilhandelsfachmann beim Kölner Institut für Handelsforschung (IFH), zu den Chancen der neuen Kette. Bei einem Gesamtvolumen von rund 56 Milliarden Euro hatte der deutsche Bekleidungsmarkt im vergangenen Jahr lediglich um rund ein Prozent zugelegt – gewinnen konnte dabei nur der Onlinehandel.

Bereits zum Jahresbeginn lief es nur mühsam für H&M, der Umsatz wuchs schwächer als geplant. Der Konzern müsse schneller und flexibler werden, forderte Vorstandschef Persson da. Es kämen immer weniger Kunden in die Läden, räumte er unlängst ein. Weltweit betreibt H&M derzeit mehr als 4500 Filialen – und will zwar weiter expandieren, zugleich aber das Online-Geschäft ausbauen. In Kopenhagen liegt in dem „Arket“-Laden eine deutlich kleinere Kollektion in den Regalen, mit Stücken beispielsweise aus Merino und Alpaka, die man auch in drei Jahren noch tragen könnte. Die H&M-Gruppe greift damit eine Tendenz auf, die bisher eher Designer und Läden wie „The Store“ im Berliner Soho-Haus lebten, die aber im mittleren Preissegment noch nicht so richtig angekommen war. Wer hier einkauft, so stellen es sich die Erfinder zumindest vor, soll die geschäftige Einkaufsstraße hinter sich lassen und sich stattdessen im Laden ins Café setzen. Ausatmen.

Verkauft werden die „Arket“-Kollektionen, aber auch ausgewählte Produkte von Nicht-H&M-Marken. Und das Erlebnis, das Einkaufen vor Ort vom Klick im Netz unterscheiden soll. „Als wir dieses Projekt vor etwas mehr als zwei Jahren gestartet haben, haben wir gesehen, dass es viele Kunden gibt, die klassische Qualitätsprodukte suchen, in einer sowohl einfachen als auch inspirierenden Umgebung“, sagte „Arket“-Direktor Lars Axelsson dem Magazin „Business of Fashion“.

Von „Arket“ gibt es bisher erst drei Läden – in London, Kopenhagen und Brüssel. Nach München soll im Frühjahr dann Stockholm kommen. Der Name bedeutet schlicht „Blatt Papier“ – laut H&M ein Bild für Optimismus und offene Möglichkeiten.

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