Mit "Mut und Liebe" zum Triumph

Saarbrücken. Beruf Oberbürgermeisterin. So stand es auf den Saarbrücker Wahlzetteln. Und möglicherweise wird in der zweiten Regierungsperiode das Amt ja zum Beruf. Charlotte Britz (SPD), Sozialarbeiterin, die in früheren Jahren Saarbrückens Sozialdezernentin war, hat ihr Amt gestern im ersten Wahlgang verteidigt. Mit sehr deutlichem Abstand zu ihrem Herausforderer

 SPD-Landeschef Heiko Maas umarmt Wahlsiegerin Charlotte Britz, die alte und neue Oberbürgermeisterin der Stadt Saarbrücken. Foto: Oliver Dietze/dpa

SPD-Landeschef Heiko Maas umarmt Wahlsiegerin Charlotte Britz, die alte und neue Oberbürgermeisterin der Stadt Saarbrücken. Foto: Oliver Dietze/dpa

Saarbrücken. Beruf Oberbürgermeisterin. So stand es auf den Saarbrücker Wahlzetteln. Und möglicherweise wird in der zweiten Regierungsperiode das Amt ja zum Beruf. Charlotte Britz (SPD), Sozialarbeiterin, die in früheren Jahren Saarbrückens Sozialdezernentin war, hat ihr Amt gestern im ersten Wahlgang verteidigt. Mit sehr deutlichem Abstand zu ihrem Herausforderer. Vor acht Jahren musste sie gegen Josef Hecken (CDU), damals Staatssekretär im Gesundheitsministerium, noch in die Stichwahl. Die Wahlbeteiligung von 49,3 im ersten und 38,4 Prozent im zweiten Wahlgang wurde jetzt erneut unterboten: 35,08 Prozent.Nur etwas mehr als ein Drittel der rund 140 000 Saarbrücker Wahlberechtigten hat auch tatsächlich gewählt. Das müssten alle Kandidatinnen und Kandidaten als niederschmetterndes Ergebnis werten. Wenn heute, am Tag danach, die Frage nach dem Grund gestellt wird, werden wieder viele sagen, dass es am Wetter lag. Das Wetter wird ja oft herangezogen, um die Wahlbeteiligung zu erklären. Mal ist es zu sonnig, mal zu kalt oder zu regnerisch. Doch wer wirklich wählen will, der wählt.

Was war es dann? Bringt die Urwahl grundsätzlich niedrige Wahlbeteiligungen mit sich? Ein Blick nach Illingen mit mehr als 60 Prozent Wahlbeteiligung zeigt, dass auch dies die Erklärung nicht sein kann.

War es der Saarbrücker Wahlkampf, der ohne die ganz lauten, die aggressiven Töne auskam? Am Einsatz der Wahlkämpfer kann es nicht gelegen haben; sie waren unermüdlich unterwegs.

Waren es die vielen eher allgemeinen Wahlslogans auf den Plakaten? Wohl auch nicht. Wenn klare Wahlaussagen höhere Gewinnchancen hätten, dann hätte FDP-Kandidat Friedhelm Fiedler das erreichen müssen, was Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) ihm voraussagte: ein zweistelliges Ergebnis. Der FDP-Fraktionschef im Saarbrücker Rat schaffte selbst mit dem klaren "Nein zum Tunnel" keine sieben Prozent. Eine einfache, klare Antwort auf die Frage nach den Gründen für die geringe Wahlbeteiligung gibt es offenbar nicht.

Das Großprojekt Stadtmitte am Fluss war Wahlkampfthema, aber es war nicht das zentrale Thema. Wohl auch, weil es viel Einigkeit gibt zwischen Britz, Strobel und der Grünen Claudia Willger: Über den Tunnel wird erst 2013 entschieden; er kommt nur, wenn er sich wirklich finanzieren lässt; und es soll einen Bürgerentscheid geben. Und schon war die Luft raus aus einem Vorhaben, das sich zum Positionieren und Profilieren gut geeignet hätte.

Charlotte Britz hat sich gestern mit Leichtigkeit gegen einen CDU-Herausforderer durchgesetzt, der ganz deutlich wirtschaftliche Notwendigkeiten in der Landeshauptstadt hervorhob: die Stadt als Unternehmen, die Förderung der Wirtschaft. Doch wenngleich er seit fünf Jahren Fraktionschef im Rat ist, blieb er vielen Saarbrückern eher unbekannt.

So haben sich "Mut und Liebe", mit denen Charlotte Britz für sich warb, als geeignete Mittel erwiesen, in Saarbrücken am Ruder zu bleiben. Jedenfalls eher als "Leistung" oder "Fortschritt", wofür Peter Strobel stand.

Weitere acht Jahre an der Spitze des Saarbrücker Rathauses, das heißt für Charlotte Britz nun weitere Jahre mit einer hohen Verschuldung klar zu kommen, möglicherweise weitere Sparauflagen der Kommunalaufsicht einhalten zu müssen.

Aus eigener Kraft wird die Landeshauptstadt die Schuldenlast von einer Milliarde Euro nicht meistern können. Das Land müsse helfen, Charlotte Britz fordert das schon lang. Und während im Wahlkampf CDU-Kandidat Strobel noch davon sprach, wenn er ins Amt komme, sei die "Eiszeit" zwischen Stadt und Land beendet, wittert die SPD Morgenluft.

Landeschef Heiko Maas war "sehr zufrieden", weil die SPD im Land jetzt wieder mehr Bürgermeister stellt als die CDU. Er verwies darauf, dass außer Britz in Saarbrücken auch Alfons Lauer in Merzig sein Amt im ersten Wahlgang verteidigt habe und in Eppelborn der Wechsel gelungen sei.

Nun wundert es nicht, dass der SPD-Landeschef am Wahlabend mit seiner Stellvertreterin Charlotte Britz zufrieden ist. Das Saarbrücker Oberbürgermeister-Amt gilt als das zweitwichtigste nach dem Ministerpräsidenten-Amt. Und auch wenn die SPD nicht in der Regierung ist, Charlotte Britz wird zumindest mit der Ministerpräsidentin über die Zukunft der Stadt reden müssen. Gestern hat sie schon mal klargestellt: "Es ist keine Schande, wie diese Stadt regiert wird." "Es ist keine Schande, wie diese Stadt regiert wird."

Charlotte Britz

Hintergund

Die acht Direktwahlen im Saarland stießen bei den Bürgern auf sehr unterschiedliches Interesse. In Saarbrücken nahmen nur 35,1 Prozent der knapp 140 000 Wahlberechtigten die Chance wahr, das Stadtoberhaupt mitzubestimmen. Auch in Merzig (53 Prozent) und Spiesen-Elversberg wählte nicht mal jeder Zweite (48,3 Prozent). Mehr Interesse fand die Wahl in St. Ingbert (55,9 Prozent) und die spannende Entscheidung über die Nachfolge des CDU-Bürgermeisters Fritz-Hermann Lutz in Eppelborn (57 Prozent). Wahlfreudig zeigten sich die Bürger von Illingen (60,9 Prozent) und Mandelbachtal (64,2). Landratswahlen sind auch in Merzig-Wadern kein Renner: 40,2 Prozent gingen hin. red

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