Rechtspopulisten im Bundestag Mit den Neuen von der AfD wollen die anderen kein Bier trinken

Berlin · In zwei Wochen haben die Rechtspopulisten ihre Premiere im Bundestag. Vertreter anderer Parteien sind nicht begeistert, warnen aber vor Ausgrenzung.

 AfD-Fraktionschefs im Bundestag: Alice Weidel und Alexander Gauland.

AfD-Fraktionschefs im Bundestag: Alice Weidel und Alexander Gauland.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

(dpa) Sie haben schon in Talkshows gestritten und in Landtagen. In zwei Wochen trifft die AfD nun auch im Bundestag auf die Vertreter der von ihnen geschmähten „Altparteien“. Dann sitzt die Grünen-Politikerin Claudia Roth im gleichen Saal wie Markus Frohnmaier. Das jüngste Mitglied der AfD-Fraktion hat nach den massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht gesagt: „Meiner Meinung nach haben Leute wie Claudia Roth hier mittelbar mitvergewaltigt.“ Die Empörung war groß.

Bundestagsvizepräsidentin Roth will nun, dass sich die Abgeordneten aller Parteien für die politische Auseinandersetzung mit der AfD im Bundestag wappnen: „Wenn Worte benutzt werden, die in einem rechtsextremen Zusammenhang eine eindeutige Bedeutung haben, dann muss man das wissen.“ An die Adresse der AfD sagte sie: „Der Bundestag ist kein Jagdrevier für Menschen wie Alexander Gauland und keine Hetzbude.“ AfD-Fraktionschef Gauland hatte am Wahlabend mit Blick auf die künftige Bundesregierung gesagt: „Sie kann sich warm anziehen. Wir werden sie jagen.“

Zwar haben sich die AfD-ler schon dreimal im Bundestag getroffen. Doch die Sitzungen der durch den Weggang von zwei Mandatsträgern auf 92 Abgeordnete geschrumpften Fraktion – mit dabei auch ein AfD-Vertreter aus dem Saarland, Christian Wirth – fanden in einem abgelegenen Gebäudeteil statt. Vertreter anderer Parteien liefen ihnen dort nicht über den Weg. Spätestens mit der ersten Plenarsitzung am 24. Oktober wird sich das ändern. Dass die Abgeordneten anderer Fraktionen möglichst wenig persönlichen Kontakt wollen, haben schon die Debatten darüber gezeigt, wer im Plenum neben der AfD sitzt.

Die Abgeordneten der 13 Landesparlamente, in denen die Rechtspopulisten bereits vertreten sind – wie im Saarland –, raten ihren Parteifreunden in Berlin, im Umgang mit den AfD-Abgeordneten höflich zu bleiben und gleichzeitig Distanz zu wahren. Es sei indes angesichts persönlicher Angriffe und sprachlicher Provokationen durch die AfD oftmals eine echte Herausforderung, sachlich zu bleiben.

Der Erfurter CDU-Fraktionschef Mike Mohring, dessen Partei im Thüringer Landtag mit der AfD in der Opposition sitzt, beschreibt sein Prinzip so: „Deutlich abgrenzen, aber nicht ausgrenzen.“ Er pflege mit den AfD-Kollegen einen geschäftsmäßigen Umgang, auf ein Bier würde er sich nicht mit ihnen treffen. Der Bundestag solle auf keinen Fall Regeln ändern, um die AfD herauszuhalten. „Einen normalen Umgang zu pflegen, nimmt ihnen den Status, den sie gerne hätten, nämlich Märtyrer zu sein.“ Zu der Frage, wie man Populisten klein halten könne, gehöre auch eine ausreichende Debatte.

Unterdessen verliert die AfD immer mehr Mandatsträger, die mit dem Kurs der Parteiführung unzufrieden sind. Gestern verließ der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Frank Neppe die Partei. Der AfD-Aderlass hatte nach der Bundestagswahl begonnen, als die bisherige Parteichefin Frauke Petry und Ehemann Marcus Pretzell austraten. In den Fraktionen in NRW, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gab es seither elf Austritte.

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