Mister Positiv gegen Mister Negativ

Berlin. Da standen sich gestern zum Auftakt der Haushaltsberatungen im Bundestag zwei Sichtweisen gegenüber, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten

Berlin. Da standen sich gestern zum Auftakt der Haushaltsberatungen im Bundestag zwei Sichtweisen gegenüber, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Zum einen die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die Regierung mit seinem Etatentwurf für 2011 auf einem "guten Weg" sah und der das Sparpaket zur Rückführung der immensen Neuverschuldung als "ausgewogen" verteidigte. Schäuble gab gestern angesichts vieler guter Konjunkturdaten den "Mister Positiv" im Parlament. Seitens der Opposition trat der SPD-Haushälter Carsten Schneider als erster ans Rednerpult - und war gänzlich anderer Meinung. Er nahm die Rolle des "Mister Negativ" ein: Der Haushalt sei ein "Handbuch für die soziale Spaltung Deutschlands", schimpfte Schneider. "Ihr Anteil an der wirtschaftlichen Erholung ist gleich null." Nun ist dies Schäubles erster Etat ohne Mithilfe der SPD. Denn im letzten Jahr fußte der Haushalt noch weithin auf den Annahmen seines SPD-Vorgängers Peer Steinbrück und der großen Koalition. Im Bundestag war daher zu beobachten, dass Union und SPD finanzpolitisch nichts mehr gemein haben. Schneiders Vorwürfe basierten auf ganz einfachen Rechnungen: Die Belastungen der Wirtschaft halte sich "in mageren, überschaubaren Grenzen". So würde die zur Haushaltssanierung vorgesehene Luftverkehrsabgabe an die in den Urlaub fliegenden Familien weitergereicht. Und auch die Brennelemente-Steuer mit veranschlagten 2,3 Milliarden Euro sei keine Belastung für die Wirtschaft, weil die Atomkonzerne über die Laufzeitverlängerung eine "Lizenz zum Gelddrucken" bekämen. Schneiders Fazit: Die schwarz-gelbe Koalition kürze lediglich "bei den Schwächsten der Gesellschaft".Weniger NeuverschuldungSchäuble hatte zuvor die unerwartet gute wirtschaftliche Entwicklung nach dem Krisenjahr 2009 fast in den Himmel gelobt. Deutschland sei "Wachstumslokomotive in Europa", die Erwerbslosenquote liege unter europäischem Durchschnitt und sei niedriger als vor der Finanzkrise. Außerdem habe die EU Deutschland dieses Jahr ein Wachstum von 3,4 Prozent vorhersagt. Zwar könne niemand erwarten, dass sich diese Zahlen auch 2011 wiederholten. "Aber wir haben alle Chancen für eine stetige und nachhaltige Entwicklung", sagte der Minister. Laut Schäuble wird die Neuverschuldung daher im laufenden Haushalt höchstens 50 bis 60 Milliarden Euro erreichen. Zum Vergleich: Für den Etat 2010 waren offiziell über 80 Milliarden Euro veranschlagt worden.Schäuble ergänzte, das mit dem Haushalt verbundene Sparpaket sei sozial gerecht und verbessere auch die Einnahmesituation der öffentlichen Hände. Das Fazit des Ministers: "Unsere Politik wirkt sich positiv für die Menschen aus". Anders die Linke: Parteichefin Gesine Lötzsch warf der Koalition vor, sie stopfe die Etatlöcher mit dem Geld der Bürger und nicht mit dem der Spekulanten. Sie erinnerte an die Kürzungen für Hartz IV-Empfänger - also die geplanten Streichungen der vom Bund gezahlten Rentenbeiträge, des Elterngeldes und des Heizkostenzuschusses. Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde sah überdies noch "viel Finanzvoodoo", während FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke wie Schäuble den Sparkurs verteidigte.Der Haushalt 2011, der im November verabschiedet wird, ist jedenfalls der erste, der unter der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse aufgestellt wird. Sie schreibt vor, dass der Bund ab 2011 schrittweise dafür sorgen muss, dass die Neuverschuldung 2016 maximal noch 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt. Deswegen das Sparpaket: Es macht für 2011 über elf Milliarden Euro aus, bis 2014 soll das Defizit um rund 80 Milliarden Euro sinken. Insgesamt sieht der Etat 2011 Ausgaben von 307,4 Milliarden Euro und neue Schulden von 57,5 Milliarden Euro vor.

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