Kirchen-Skandal Missbrauchsopfer rügen Kirche

Berlin · Betroffene fordern deutlich mehr Engagement bei der Aufklärung der Vergehen.

 Ein dunkles Kapitel der Kirchen, der Kindesmissbrauch durch Priester, wurde vor acht Jahren bekannt.

Ein dunkles Kapitel der Kirchen, der Kindesmissbrauch durch Priester, wurde vor acht Jahren bekannt.

Foto: dpa/Friso Gentsch

(kna) Die Wunden bei den Betroffenen sitzen tief: „Die katholische Kirche hat mein Leben zerstört“, klagt ein Teilnehmer. Aufgewühlt erzählt er, dass er jahrelang in einem Heim misshandelt und von einem Priester missbraucht wurde. Ein anderes Opfer erzählt, dass in seinem Bistum jahrelang nichts passiert sei. Der Täter, ein Priester, sei von einer Gemeinde in die nächste versetzt worden. Viele Betroffene meldeten sich bei einem öffentlichen Hearing zum Thema Kirchen und Missbrauch gestern in Berlin zu Wort. Sie werfen den Kirchen, der katholischen und der evangelischen, vor, sich auch acht Jahre nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals ihrer Verantwortung nicht ausreichend zu stellen.

Mehr Engagement fordert auch die Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch, Veranstalter des Hearings. Die beiden Kirchen hätten häufig nur so viel getan, wie sie es vor allem auf Druck von Betroffenen und der Öffentlichkeit hätten tun müssen, sagt die Vorsitzende Sabine Andresen. Den Betroffenen sollten sie auf „Augenhöhe begegnen“ und deren Anliegen in den Mittelpunkt des Handelns stellen. Dazu gehöre eine Haltung, die von Empathie statt von bürokratischen Vorgaben geprägt ist. Auch angemessene Anerkennungs- oder Entschädigungsleistungen seien nötig. Die katholische Kirche zahlt Opfern bis zu 5000 Euro, in begründeten Einzelfällen auch mehr.

Die Kommission kritisiert weiter, dass es bei den Kirchen nach wie vor Strukturen gebe, die sexuellen Kindesmissbrauch und den Schutz von Tätern ermöglichten. Heiner Keupp, Mitglied der Kommission, fordert daher, das Beicht- und Seelsorge-Geheimnis kritisch zu prüfen.

Auf „erhebliche Defizite“ im Umgang mit Betroffenen weist die Kommission bei der evangelischen Kirche hin. Es fehle dort bis heute an überregionalen, qualitativ verlässlichen und transparenten Strukturen. Betroffene würden „gezielt alleine gelassen“, sagt Kerstin Claus, Mitglied im Betroffenenrat des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung.

Tief betroffen zeigt sich der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der auch auf der Anhörung spricht. Es sei „schmerzhaft, aber wichtig und notwendig“, sich anzuhören, was den Betroffenen durch Priester und andere Mitarbeiter der Kirche angetan worden sei. Die Kirche befinde sich mit Blick auf die Aufarbeitung in einem ständigen Prozess. Vieles sei schon auf den Weg gebracht worden, viele Schritte seien aber noch notwendig. Einen Schritt kündigt Ackermann schon an: Das von den Bischöfen in Auftrag gegebene Forschungsprojekt über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen werde am 23. September in Fulda bei der Bischofsvollversammlung vorgestellt.

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