Minister entfacht Streit um Kirchenasyl

Köln/Saarbrücken · Zankapfel Kirchenasyl: Innenminister de Maizière hat mit scharfen Worten gegen die kirchliche Flüchtlingshilfe eine heftige Debatte ausgelöst. Auch im Saarland gibt es aktuell mehrere Fälle.

Mercy Amiosonor hat einen langen Weg hinter sich: Von Nigeria über Libyen flieht sie nach Lampedusa . Immerhin: Sie hat es lebend auf die Insel geschafft. Doch dort soll die 26-Jährige zur Prostitution gezwungen werden. Sie kann aber nach Berlin fliehen, wo ihr Sohn Prince zur Welt kommt. Der Weg geht weiter nach Köln . Am Rhein erreicht sie die nächste Hiobsbotschaft: Sie kann kein Asyl beantragen, soll abgeschoben werden. Verzweifelt kommt sie in die Kölner Thomaskirche. Dort gewährt ihr der Pfarrer Kirchenasyl . "Endlich kann ich wieder ruhig schlafen", sagt Amiosonor.

Deutschlandweit gibt es nach Angaben der "Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche" derzeit 200 Fälle. 359 Personen haben demnach Unterschlupf erhalten, darunter 109 Kinder. Auch im Saarland gewähren katholische und evangelische Gemeinden aktuell "stilles Kirchenasyl ", bei dem der konkrete Ort nicht öffentlich gemacht wird. Nach SZ-Informationen gibt es mindestens vier Fälle. Für Aufsehen hatte 2014 das Schicksal einer syrischen Familie gesorgt, die im Pfarrsaal der Evangelischen Kirchengemeinde Fischbach Zuflucht fand.

Weil die Fälle von Kirchenasyl bundesweit ansteigen, ist eine zum Teil hitzig geführte Debatte in Gang gekommen. Ausgelöst vor allem von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ), der das Kirchenasyl "prinzipiell und fundamental" ablehnt; es werde momentan durch eine "systematische Verhinderung von Überstellungen" missbraucht. De Maizière hatte das Kirchenasyl sogar in die Nähe der islamischen Scharia gerückt. Politiker von SPD , Grünen und Linken sprachen sich indes für eine Beibehaltung des Kirchenasyls aus. Die Zahlen scheinen ihnen Recht zu geben: Nach Schätzungen dürfen 80 bis 90 Prozent derjenigen, die im Kirchenasyl waren, langfristig in Deutschland bleiben. Auch Mercy Amiosonor, die in Köln bald eine Ausbildung beginnen will.

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