Auslandsreise Merkels Mission im Nahen Osten

Amman · Ohne Krisenbekämpfung in den Herkunftsstaaten ist die Flüchtlingsfrage nicht zu lösen: Davon ist die Bundeskanzlerin überzeugt – und macht das in Jordanien noch mal ganz deutlich.

 Beziehungspflege in Nahost: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz vor ihrem Besuch bei Jordaniens König Abdullah II.

Beziehungspflege in Nahost: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz vor ihrem Besuch bei Jordaniens König Abdullah II.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wenn Angela Merkel (CDU) die Regierungskrise mit CSU-Chef Horst Seehofer erschüttern sollte – dann kann sie es ziemlich gut verbergen. Bei ihrer zweitägigen Reise in den Krisenbogen um Syrien macht die Kanzlerin jedenfalls nicht den Eindruck, als habe sie angesichts der schwierigen Lage in der Heimat resigniert.

Für Merkel dürfte die Nahost-Reise vielmehr ein Trip zur richtigen Zeit sein. Es geht um Unterstützung für Länder, die massenhaft Flüchtlinge aufgenommen haben – das ist ein Kernbaustein ihrer Migrationspolitik. Die Menschen sollen schon im Krisengebiet davon abgehalten werden, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Deshalb besucht die Bundeskanzlerin neben Jordanien auch den Libanon – ein weiteres Land, das unter der Flüchtlingslast zu zerbrechen droht.

Jordanien leidet ebenfalls sehr unter dem Bürgerkrieg in Syrien. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR hat das Königreich mehr als 650 000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen. Die inoffiziellen Zahlen liegen noch höher. Vor allem die Infrastruktur Jordaniens ist dem nicht gewachsen. Und trotzdem: Das ressourcenarme Land unter dem international angesehenen König Abdullah II. gilt nach wie vor als Stabilitätsanker in der Region. Merkel, in der viele – vor allem im Ausland – ebenfalls einen Fels in der Brandung sehen, stellt sich am Vormittag den Fragen von Studenten der Deutsch-Jordanischen Universität in Amman. Ob man angesichts der Erfolge der Rechtspopulisten von der AfD Angst vor Rassismus haben müsse, fragt eine Studentin. Im Großen und Ganzen sei Deutschland ein sicheres Land, sagt Merkel, und schlägt einen Bogen zum Mord an der 14-jährigen Susanna: Auch in Deutschland gebe es Menschen, die Angst vor Flüchtlingen hätten. Sie stehe grundsätzlich auf der Seite jener, die sagten, Deutschland müsse ein offenes Land sein, aber: „Natürlich müssen wird ordnen und steuern.“

Jordanien will die Kanzlerin dagegen stärken. König Abdullah gilt als gebildeter Monarch mit großen Sympathien für Deutschland. Die Bundeskanzlerin sagt dem Königreich einen Zusatz-Kredit in Höhe von 100 Millionen Dollar (etwa 87 Millionen Euro) zu – zur Unterstützung bei der Umsetzung der Reformen, die der Internationale Währungsfonds von Jordanien verlangt. Kürzlich hatte es deswegen Massenproteste gegeben.

Am Nachmittag besucht Merkel Bundeswehrsoldaten im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die rund 250 deutschen Soldaten auf einem Luftwaffenstützpunkt im Osten des Landes – sie fühlten sich in Jordanien wohl, hatte der Generalinspekteur der Kanzlerin schon kurz vor der Reise signalisiert.

Eine Woche ist es noch bis zum EU-Gipfel am 28. und 29. Juni. Dann will Merkel greifbare Fortschritte in der Migrationsfrage erreichen. Sie bastelt intensiv an einer europäischen Lösung, auch auf dieser Nahost-Reise. Immerhin hat sie es geschafft, für diesen Sonntag ein Treffen der vom Migrationsdruck am meisten betroffenen Länder in Brüssel zu organisieren. Dort will sie für ihre Pläne werben, bi- oder multilaterale Abkommen zur Rücknahme von an deutschen Grenzen abgelehnten Migranten zu formen.

Deutschland unterstützt Jordanien bei der Flüchtlingshilfe und bei der Verbesserung der Infrastruktur. An der von Merkel besuchten Universität, die nach dem Vorbild deutscher Fachhochschulen konzipiert ist, studieren derzeit mehr als 5000 Frauen und Männer.

Angesichts von so viel Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik dürfte es für die Kanzlerin eine Genugtuung gewesen sein, als zwei Studenten ihr im voll besetzten Hörsaal danken. „Danke, dass Sie sehr viel Menschlichkeit gezeigt haben und dafür sehr viel Gegenwind einstecken mussten“, meint etwa eine deutsche Austauschstudentin.

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