Merkels Mädchen taucht auf

Berlin. Die Blicke sind manchmal noch scheu, und wenn Kristina Köhler (CDU) etwas nicht passt, legt sie den Kopf leicht demütig zur Seite und zieht lächelnd die Augenbrauen hoch

Berlin. Die Blicke sind manchmal noch scheu, und wenn Kristina Köhler (CDU) etwas nicht passt, legt sie den Kopf leicht demütig zur Seite und zieht lächelnd die Augenbrauen hoch. Wie beim Plädoyer für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz: Das Kinderhilfswerk Unicef ist dafür, die neue Familienministerin hat ein Problem damit, "immer mehr Dinge" in die Verfassung zu schreiben. Das klingt ein wenig holprig auf ihrer ersten großen Pressekonferenz seit sie Anfang Dezember ihr neues Amt angetreten hat. Sie lernt eben noch. Vielleicht sogar, irgendwann nicht mehr so sein zu wollen wie ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen.

Neun Kameras, zig Journalisten und jede Menge Fotografen erwarten Köhler, 32 Jahre alt, jüngste Ministerin der Republik. Wenn man so will - Merkels Mädchen. Sicher, Unicef und sie haben zu verkünden, dass im internationalen Vergleich die Lebenswelt von Kindern in Deutschland mittelprächtig ist. Das ist wichtig. Aber denen, die gekommen sind, geht es vor allem darum zu schauen, wer diese junge Frau eigentlich ist, wie sie sich gibt, und was sie zu sagen hat. Zumal die ehemalige Islamismus-Expertin aus Sicht erster Kritiker doch etwas zu lange in ihrem Ministerinnen-Büro lernt.

Sechs Wochen im Amt - und praktisch abgetaucht: Ist sie Deutschlands teuerste Auszubildende? Existiert das Familienministerium noch? Und warum konnte von der Leyen zwei wichtige Abteilungsleiter beim Wechsel ins Arbeitsministerium mitnehmen? Das wurde in den Berliner Kreisen sofort als unhöflicher Akt, als Beschneidung von Köhlers Kompetenzen gewertet. "Die Ministerin ist im Amt. Die Ministerin ist im Büro. Sie arbeitet. Sie arbeitet sich auch in ihre Themen ein", antwortete in dieser Woche ihr Sprecher genervt auf derart ketzerische Fragen.

Sozusagen als Lebenszeichen gab Köhler gestern einer Boulevardzeitung ein schnelles Interview. Mit den Botschaften: Hier bin ich, ich lege mich inhaltlich nicht wirklich fest und ich werde bald heiraten. Den Innen-Staatssekretär und Parteifreund Ole Schröder. Jetzt darf der Boulevard rätseln, ob die moderne, kinderlose Frau ihren Nachnamen behält - und ob Nachwuchs geplant ist. Mit Privatem hat auch die siebenfache Mutter von der Leyen schon gerne die Öffentlichkeit gefüttert, um im Gespräch zu bleiben. Aber vielleicht wird das auch von einer Familienministerin erwartet, die ansonsten Mühe hat, inhaltlich zu glänzen. Was Köhler will? Das Teilelterngeld einführen und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf voranbringen, lauten die Antworten. Von der Leyen hätte es nicht besser vorschlagen können.

Freilich spricht aus Köhlers Sicht einiges dafür, sich zuerst inhaltlich sattelfest zu machen, um sich dann freizuschwimmen. Denn manchem lautstarken Springinsfeld-Minister ist der Schnellstart nicht gut bekommen: So wie Guttenberg (Verteidigung, hat jetzt die Kundus-Affäre am Hals), Niebel (Entwicklung, musste sich soeben in Afrika bekehren lassen), Röttgen (Umwelt, scheiterte auf der Klimakonferenz) oder Ramsauer (Verkehr, schoss gleich mehrere Böcke). Wer länger schweigt, macht weniger Fehler. Köhler weiß, dass die Kritiker ihr Alter als Beleg für mangelnde Fähigkeiten nehmen. "Es wäre relativ anmaßend, vom ersten Tag an zu behaupten, alles klar zu haben", begegnet sie dem Gemeckere über ihre Einarbeitungszeit. Nicht schlecht, ein erster Unterschied zu von der Leyen . . .

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