Merkel zieht positives Fazit nach "Tag X"
Saarbrücken. Bei einem Festakt in der Saarbrücker Congresshalle haben gestern Vertreter aus Politik und Wirtschaft das 50-jährige Jubiläum der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes am so genannten "Tag X", dem 6. Juli 1959 gefeiert. Festrednerin Angela Merkel bezeichnete in ihrer Ansprache die Eingliederung des Saarlandes als Sternstunde der europäischen Einigung
Saarbrücken. Bei einem Festakt in der Saarbrücker Congresshalle haben gestern Vertreter aus Politik und Wirtschaft das 50-jährige Jubiläum der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes am so genannten "Tag X", dem 6. Juli 1959 gefeiert. Festrednerin Angela Merkel bezeichnete in ihrer Ansprache die Eingliederung des Saarlandes als Sternstunde der europäischen Einigung. Mit den Verhandlungen zwischen den ehemaligen Gegnern Deutschland und Frankreich über die Zukunft des Saarlandes sei der Grundstein für das heutige Europa gelegt worden. "Es ist besonders den Franzosen zu verdanken, dass aus dieser Situation kein weiterer Krieg wurde", lobte Merkel die französischen Nachbarn.
Die Kanzlerin würdigte auch den gelungenen Strukturwandel an der Saar innerhalb der vergangenen 50 Jahre von einem Montan- und Industrie-Standort in einen Technik- und Wissensstandort. Das Saarland habe nach jahrelangen Investitionen in eine nicht mehr zukunftsfähige Industrie die notwendigen Veränderungen angepackt. Damit sei das Saarland ein Vorbild für das ganze Land. Etwas enttäuscht sei sie aber schon über die kleine Wiedervereinigung gewesen, "weil ich die große für die einzige Wiedervereinigung gehalten hatte".
Ministerpräsident Müller hatte in seiner Rede darauf hingewiesen, dass man das Saarland vor der Wiedervereinigung über die Folgen hätte befragen können, denn "das Saarland ist ein Bundesland, das Erfahrung mit Wiedervereinigung und der Dauer der Wiedervereinigung hat". Der "Tag X" sei schließlich beileibe kein einfacher Tag für das Land gewesen. Vielmehr war er ein "Schlag für die saarländische Wirtschaft", die, wie später auch die DDR bei der großen Wiedervereinigung, von Waren aus Deutschland überschwemmt worden war.
Bei der Feier, zu der neben den Vertretern der Verbände und Kammern im Saarland und Vertretern der Politik unter anderem auch die Bertelsmann-Chefin Liz Mohn und Spitzensportler Jan Frodeno gekommen waren, hat der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, ein durchaus kritisches Bild der saarländischen Geschichte gezeichnet. 40 Jahre Desintegration des Landes seit 1919 hätten ihre Spuren hinterlassen. Und so seien die ersten 25 Jahre mit Absatzkrisen im Bergbau und einer nur langsam erfolgten Infrastruktur-Anbindung wirtschaftlich keine Erfolgsgeschichte gewesen. Zu langsam habe der Strukturwandel im Saarland begonnen, schon sehr früh sei das Land von Subventionen abhängig geworden. Entsprechend hätte die Rezession Mitte der 70er Jahre das Saarland mit voller Wucht getroffen und in Folge zu einer Rekordarbeitslosigkeit geführt - 13,4 Prozent im Jahr 1985. Die Rettung der Stahlindustrie in den 80er Jahren wiederum habe dem Saarland eine Verschuldung bis zur Leistungsunfähigkeit beschert. "Von dieser Situation hat sich der saarländische Haushalt bis heute nicht erholt", sagte Hüther. Der Wandel, weg vom Montan-Kern hin zu Wissenschaft, gehe aber in die richtige Richtung. "Es mehren sich die Zeichen, dass die technologischen Neuentwicklungen auf die Saar-Wirtschaft durchschlagen", sagte Hüther.
An ihren persönlichen "Tag X" können sich einige der Besucher noch gut erinnern: "Ich war im Schwimmbad - und habe mit meiner ersten Mark bezahlt", sagt Wirtschaftsminister Joachim Rippel. Georg Brenner, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, erinnert sich, dass er noch am Tag zuvor einen Plattenspieler bekommen hat: "Von den letzten Franken, weil meine Eltern glaubten, die seien dann nichts mehr wert." "Die Saarländer hatten ihren eigenen Willen. Das ist bis heute nicht ganz verloren gegangen."
Bundeskanzlerin Angela Merkel
"Wir wussten, was gut ist, und hatten deshalb unsere eigene Margarine namens Landsieg."
Ministerpräsident Peter Müller
"Die saarländischen Produkte haben sich weltweit einen guten Ruf erarbeitet."
Georg Weisweiler, VSU
"Vier Jahrzehnte Desintegration können nicht im Handstreich überwunden werden."
Michael Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft
"Es kommt nicht auf die Größe an. Das Saarland ist das kleinste Flächenland der Republik."
Richard Weber, IHK
"Wir sind Europäer und waren es schon, als von einem vereinten Europa noch keine Rede war."
Alois Kirf, Handwerkskammer