Koalitionskrise Merkel ist im Fall Maaßen wohl zu allem entschlossen

Berlin · Die Kanzlerin will den Chef des Verfassungsschutzes offenbar loswerden – notfalls gegen den Willen Seehofers. Bleiben der Innenminister und Maaßen stur, könnte die Koalitionskrise eskalieren.

 Die geballte Faust von Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin will den Chef des Verfassungsschutzes offenbar loswerden.

Die geballte Faust von Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin will den Chef des Verfassungsschutzes offenbar loswerden.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Reaktion der stellvertretenden Regierungssprecherin Martina Fiez fiel gestern kurz und knapp aus: Sie wolle die Meldung nicht kommentieren, dass die Kanzlerin sich für die Entlassung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen entschieden habe. Die Koalitionspartner hätten nach ihrem letzten Treffen am vergangenen Donnerstag Stillschweigen vereinbart, „dem werde ich nicht vorgreifen“. Heute kommt es nun zum Showdown in der neuesten Koalitionskrise.

Laut der Zeitung „Die Welt“ soll Angela Merkel (CDU) am Wochenende Koalitionspolitikern in Telefonaten signalisiert haben, dass sie gegen einen Verbleib Maaßens im Amt sei. Zuvor hatten alle führenden Sozialdemokraten auf die Abberufung des Verfassungsschutz-Präsidenten wegen seiner Äußerungen zu den Ausschreitungen in Chemnitz gepocht. Ebenso wie die Opposition aus Linke, Grüne und FDP.

Ein Krisentreffen der Parteichefs letzte Woche blieb ohne Ergebnis. Dem Vernehmen nach soll Innenminister Horst Seehofer dabei aber klargemacht haben, er werde an Maaßen festhalten. Heute wollen sich Merkel, der CSU-Chef und SPD-Chefin Andrea Nahles erneut treffen, um die Personalie zu besprechen und darüber zu entscheiden. Am einfachsten wäre es für alle Beteiligten, der Behördenleiter würde von selbst gehen, was nicht unbedingt ein Fehlereingeständnis wäre. Vielmehr könnte Maaßen damit argumentieren, ihm fehle die Rückendeckung in der Politik. Das würde dann auch Seehofer helfen.

Denn für ihn ist die Angelegenheit inzwischen genauso heikel geworden wie für Maaßen selbst: Angeblich soll die Ablösung des Präsidenten in jedem Fall erfolgen, unabhängig davon, wie sich der als Dienstherr zuständige Bundesinnenminister dazu verhält. Stellt sich Seehofer stur, müsste die Kanzlerin ihren Innenminister wohl entlassen, um Maaßen loszuwerden. Das könnte dann aber bedeuten, dass die Schwesterpartei CSU sich eine solche Demütigung vier Wochen vor der Landtagswahl nicht bieten lässt und klare Kante zeigt – indem sie die Koalition verlässt. Merkels Kanzlerschaft wäre damit womöglich beendet.

Auf der anderen Seite wird in Unionskreisen aber auch ein anderes Szenario diskutiert, nämlich dass ein Seehofer-Abgang der CSU in München nicht ungelegen kommen könnte, um im Schlussspurt vor der Wahl noch einmal eine Art Befreiungsschlag zu landen. Seehofer bewege keinen mehr, die CSU zu wählen, heißt es. Maaßen, berichtet die „Welt“ weiter, habe am Donnerstag vor jungen Abgeordneten dann auch erklärt: „Horst Seehofer hat mir gesagt, wenn ich falle, dann fällt er auch.“ Bestätigen wollte dieses Zitat niemand. Nur so viel: Bei dem Treffen habe der Geheimdienstler zwar leicht angeschlagen gewirkt, aber nicht so, als wolle er klein beigeben.

Lange hatte sich die Kanzlerin zurückgehalten mit Äußerungen zum Fall Maaßen. Am vergangenen Freitag betonte sie jedoch: „So wichtig wie die Position des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen wird.“

 Weigert sich Hans-Georg Maaßen, sein Amt aus freien Stücken aufzugeben, könnte er die Regierung noch tiefer in die Krise stürzen.

Weigert sich Hans-Georg Maaßen, sein Amt aus freien Stücken aufzugeben, könnte er die Regierung noch tiefer in die Krise stürzen.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Das war als Hinweis an die SPD gewertet worden. Parteivize Ralf Stegner betonte gestern, es sei ein „gutes Signal“, wenn Merkel inzwischen die Haltung seiner Partei zu Maaßen teile. Eine finale Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, betonten Unionskreise. Dass die Kanzlerin den Spitzenbeamten freilich kritisch sieht, ist in Berlin bekannt – Maaßen hatte Merkels Flüchtlingspolitik von Anfang skeptisch bewertet.

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