Mehr Bafög, weniger Bürokratie

Die sprudelnden Steuereinnahmen machen es möglich: Nach den Rentnern bedenkt die Bundesregierung jetzt auch Studenten und Schüler, die seit 2010 auf eine Anhebung der Ausbildungsförderung warten. Allerdings greift die Reform erst zum Wintersemester 2016/2017. SZ-Korrespondent Werner Kolhoff beantwortet die wichtigsten Fragen.

Welche Verbesserungen sind vorgesehen?

Die Bafög-Fördersätze werden linear um sieben Prozent angehoben, die Einkommensgrenzen auch. Das Wohngeld von zurzeit 224 Euro steigt sogar um zwölf Prozent auf 250 Euro . Im Ergebnis beträgt der künftige Höchstsatz für nicht daheim wohnende Bezieher künftig 735 Euro statt jetzt 670 Euro , ein Plus von 9,7 Prozent. Und weil die Einkommensgrenzen steigen, werden rund 110 000 Leute mehr in den Genuss der Förderung kommen können. Derzeit sind es 980 000, darunter 670 000 Studenten und rund 310 000 Schüler . Wenn die Bafög-Bezieher selbst schon Eltern sind, bekommen sie für jedes Kind künftig neben dem Kindergeld einen Zuschlag von einheitlich 130 Euro . Bisher waren es 113 für das erste und 80 Euro für jedes weitere Kind. Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU ) und die führenden Experten der Koalitionsfraktionen sagten, die Erhöhungen seien "mehr als nur eine halbe Pizza".

Entspricht die Anhebung der allgemeinen Kostenentwicklung?

Sie liegt deutlich darüber. Beim Bafög war es in den vergangenen Jahren immer so, dass die Erhöhungen kräftiger ausfielen, als die Inflation eigentlich erfordert hätte. Der Vorsprung wurde dann aber langsam abgebaut, ehe er mit einer neuen Reform wieder hergestellt wurde. Die Idee, einen "Tarif auf Rädern" zu bilden, bei dem die Förderbeträge jährlich automatisch an die Inflation angepasst werden, wurde zwar erörtert, aber nicht aufgenommen.

Gibt es sonst noch praktische Verbesserungen?

Künftig sollen die Anträge komplett online gestellt, bearbeitet und beschieden werden können. Während der Bearbeitung sollen unbürokratisch Abschläge gezahlt werden, und zwar nicht wie bisher nur maximal 360 Euro , sondern bis zu 80 Prozent des voraussichtlichen Bedarfs. Beim Übergang zwischen einem Bachelor- und einem anschließenden Masterstudiengang gilt künftig das Datum der Bekanntgabe des Abschlussergebnisses als Ausbildungsende, nicht das der letzten Prüfung. Bisher gab es hier eine bis zu zwei Monate dauernde Förderlücke. Und: Jeder darf zum Bafög mehr dazuverdienen: 450 Euro im Monat statt nur 400. Auch dürfen die Bezieher mehr eigenes Vermögen haben, 7500 Euro statt 5200. Ein besserer Gebrauchtwagen ist also drin.

Wie sicher ist es, dass die Reform auch kommt?

Ziemlich sicher. Der Bund hat die Mehrkosten, 825 Millionen im Jahr, bereits eingeplant; und im Bundestag hat die große Koalition eine satte Mehrheit. Dass die Länder zustimmen, gilt ebenfalls als äußerst wahrscheinlich, denn der Bund nimmt ihnen mit der Reform dauerhaft ihren Bafög-Finanzierungsanteil ab - 1,17 Milliarden Euro im Jahr. Streit gibt es aber um die Bedingung des Bundes, dass die Länder das eingesparte Geld in die Hochschulen stecken; einige empfinden das als Eingriff in ihre Bildungshoheit. Unter dem Strich aber dürfte bei der für den 19. Dezember im Bundesrat geplanten Schlussabstimmung gelten: Einem geschenkten Gaul schaut auch die Länderkammer nicht ins Maul.

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