Regierungsbildung Mehr als 100 Milliarden Euro für Städte und Gemeinden?

Berlin · Drei Neue machen gleich zu Beginn ihrer Amtszeit mit ihren Forderungen zur Verteilung sprudelnder Steuereinnahmen mächtig Druck auf die Sondierer.

 Ulrich Silberbach, neuer Vorsitzender des Beamtenbundes (dbb)

Ulrich Silberbach, neuer Vorsitzender des Beamtenbundes (dbb)

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Bei den Sondierungen zwischen CDU, CSU und SPD geht es auch um die Verteilung der sprudelnden Steuereinnahmen. Städte, Gemeinden und Beamte haben gerade ihre Cheflobbyisten in Berlin ausgetauscht – und die drei Neuen machen gleich zu Beginn ihrer Amtszeiten mit kräftigen Forderungen von sich reden. Uwe Brandl übernahm zum Jahresanfang den Chefposten im mächtigen Städte- und Gemeindebund, dem vor allem die kleineren Städte angehören. Weil das Thema ländliche Räume neuerdings so wichtig ist, wächst der Einfluss des Verbandes. Und der 58-jährige CSU-Politiker, der seit 24 Jahren der niederbayerischen Gemeinde Abensberg vorsteht, gedenkt ihn offensichtlich zu nutzen. „Zehn Milliarden Euro jährlich auf zehn Jahre“, bescheidener waren seine Forderungen gestern bei seinem ersten Auftritt vor der Bundespressekonferenz nicht. Die Zahl betraf nur den „Investitionsstau“ in den Kommunen. Darüber hinaus verlangte Brandl, dass die bisher gezahlten zwei Milliarden Euro pro Jahr für die Integration von Flüchtlingen dauerhaft fließen. Und wenn man es ernst meine mit dem Ziel gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen, dann müsse auch der Breitbandausbau massiv vorangehen, und zwar nicht mit 50 Megabit, sondern „im Gigabit“-Bereich.

An Selbstbewusstsein mangelt es dem Neuen nicht. So mischt sich sein Verband auch inhaltlich in die Sondierungsgespräche ein. Strikt ist der Städte- und Gemeindebund dafür, den Familiennachzug subsidiär geschützter Flüchtlinge weiter auszusetzen. Das entspricht der Unions-Position. Auf der anderen Seite forderte Brandl wie die SPD eine Aufhebung des Kooperationsverbotes bei der Bildungsfinanzierung. Dass er damit anders redet als sein Parteichef Horst Seehofer ist für ihn kein Problem. „Man gibt seinen Kopf ja nicht ab, wenn man Mitglied einer Partei wird.“

Beim Deutschen Städtetag, der 3400 meist größere Städte vertritt,  sind die Forderungen ähnlich. Kurz vor dem Jahreswechsel trat damit der neue Präsident Markus Lewe, 52-jähriger Oberbürgermeister von Münster und CDU-Mitglied, in Berlin vor die Presse. Auch er bezifferte den Investitionsstau auf 126 Milliarden Euro, eine Zahl, die ursprünglich die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermittelt hatte. Lewe wies die Darstellung zurück, dass die Kommunen die Mittel aus Förderprogrammen nur unzureichend abrufen würden. Und auch er forderte, die Gelder für Integration über das Jahr 2018 hinaus zur Verfügung zu stellen.

 Uwe Brandl, neuer Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Uwe Brandl, neuer Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Foto: dpa/Armin Weigel
 Markus Lewe, neuer Chef des Deutschen Städtetages

Markus Lewe, neuer Chef des Deutschen Städtetages

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bereits Ende November trat Ulrich Silberbach sein Amt als neuer Chef des Beamtenbundes (dbb) an. Er ist ebenfalls CDU-Mitglied und meldete sich gestern zur Personalsituation zu Wort. „Uns fehlen Leute an allen Ecken und Enden“, sagte der 56-Jährige. Und bezifferte den Mangel auf 185 000 Mitarbeiter. Davon allein 138 000 in den Kommunen, überwiegend Erzieher. Aber auch die Feuerwehren bräuchten 4000 Leute zusätzlich und die Jugendämter 3000. Eine Lücke von 32 000 Mitarbeitern gebe es an den Schulen, 8000 bei den Landespolizeien und 500 in der Bundespolizei. In den kommenden 15 Jahren werde sich der Personalmangel verschärfen, denn 1,5 Millionen Beschäftigte würden altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. Silberbach: „Zieht man davon die zu erwartenden Neueinstellungen ab, bleibt eine Personallücke von mehreren hunderttausend Beschäftigten.“

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