Mega-Razzia gegen Internetpiraten

Die Vergeltung für die spektakuläre Razzia der amerikanischen Bundespolizei FBI gegen Mega-Upload ließ nicht lange auf sich warten. Hacker des Anonymous-Netzwerks legten nach der Schließung der beliebten Download-Seite die Webseiten des US-Justizministeriums, mehrerer Unternehmen der Film- und Musikindustrie sowie Lobbygruppen der Branche lahm

Die Vergeltung für die spektakuläre Razzia der amerikanischen Bundespolizei FBI gegen Mega-Upload ließ nicht lange auf sich warten. Hacker des Anonymous-Netzwerks legten nach der Schließung der beliebten Download-Seite die Webseiten des US-Justizministeriums, mehrerer Unternehmen der Film- und Musikindustrie sowie Lobbygruppen der Branche lahm. "Das ist einer der größten Fälle von krimineller Verletzung von Urheberrechten in den USA", heißt es zu den geheimen Ermittlungen, die vor zwei Jahren im US-Bundesstaat Virginia begannen. Entsprechend überraschend kam der Zugriff für den Mega-Upload-Gründer Kim "Dotcom" Schmitz (37) und drei seiner Mitstreiter, die in einer Luxus-Villa im fernen Neuseeland lebten. Die Festnahme des Deutschen war filmreif. Die Polizei rückte mit zwei Hubschraubern an und holte Schmitz aus einem Sicherheitsraum, in dem sich der übergewichtige Mann mit einer abgesägten Schrotflinte verschanzt hatte. Neben Schmitz wurden zwei weitere Deutsche und ein Niederländer festgenommen.Parallel dazu durchsuchten Beamte in den USA und acht anderen Ländern Unternehmen und Online-Dienstleister, die mit Mega-Upload zusammenarbeiteten. Die Betreiber des beliebten Online-Dienstes warten nun ohne Aussicht auf Kaution in Haft auf ihre Auslieferung in die USA. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 55 Jahre Gefängnis.

Bei Mega-Upload konnten Daten aller Art hochgeladen und anschließend auch von anderen Nutzern abgerufen werden. Nach den Vorwürfen der US-Behörden waren darunter auch in großem Stil illegal kopierte Musik, Filme, Fernsehprogramme und digitale Bücher. Der Anklage zufolge geschah dies mit Wissen der Betreiber, die sogar Raubkopierer noch zum Hochladen der Dateien ermutigt hätten. Auch die im vergangenen Jahr in Deutschland hochgenommene Plattform Kino.to soll demnach auf Dienste von Mega-Upload zurückgegriffen haben. Mega-Upload hatte nach eigenen Angaben mehr als 180 Millionen registrierte Nutzer. Angesichts von täglich bis zu 50 Millionen Besuchern konnte Mega-Upload erhebliche Werbepreise durchsetzen. Der Schaden für die Inhalte-Anbieter wird auf mindestens 500 Millionen Dollar beziffert.

Auf Twitter bezeichneten Anonymous-Aktivisten die Angriffe auf US-Webseiten als Rache für den Schlag gegen Mega-Upload. Anonymous zufolge war es die bisher größte Attacke mit mindestens 5600 Teilnehmern. Die Eskalation folgte nur einen Tag nach einer Protestkampagne von Netzaktivisten gegen eine Verschärfung des Urheberrechts in den USA. Ein Sprecher der Gruppe stellte einen Zusammenhang zwischen dem Vorgehen des FBI und den anhängigen Gesetzen gegen Online-Piraterie im US-Kongress her. Das Justizministerium wies die Behauptung zurück, die Razzia bei Mega-Upload stünde in einem Zusammenhang mit den Beratungen über die umstrittenen Anti-Piraterie-Gesetze SOPA und PIPA. Diese sollen unter anderem die Sperrung von Webseiten erlauben. Insofern ist der Zeitpunkt der Razzia der US-Behörden interessant - denn jetzt schlugen FBI und Justizministerium auch auf Grundlage der heutigen Gesetze erfolgreich zu.

Der US-Senat hat unterdessen eine für Dienstag geplante Abstimmung über PIPA abgesagt. Angesichts der jüngsten Ereignisse habe er sich entschieden, das Votum zu verschieben, sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, am Freitag. Er bezog sich auf die vom Online-Lexikon Wikipedia angeführten Proteste. Wikipedia hatte sein englischsprachiges Angebot am Mittwoch vorübergehend abgeschaltet.

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 Auf diesem Luxus-Anwesen in Neuseeland wurde Mega-Upload-Gründer Kim Schmitz am Freitag festgenommen. Foto: dpa/Kember

Auf diesem Luxus-Anwesen in Neuseeland wurde Mega-Upload-Gründer Kim Schmitz am Freitag festgenommen. Foto: dpa/Kember

 Auf diesem Luxus-Anwesen in Neuseeland wurde Mega-Upload-Gründer Kim Schmitz am Freitag festgenommen. Foto: dpa/Kember

Auf diesem Luxus-Anwesen in Neuseeland wurde Mega-Upload-Gründer Kim Schmitz am Freitag festgenommen. Foto: dpa/Kember

Urheberrecht: Wer Texte verfasst, Musik, Videos, Bilder oder Software produziert, besitzt an diesen Werken die Rechte. Er kann bestimmen, was mit ihnen geschehen soll. Festgelegt ist das im Urheberrechtsgesetz. Für das Internet gibt es jedoch viele nur grob geregelte Teilbereiche. Daraus ergeben sich Rechtslücken. Bei illegalen Downloads oder geschützten Inhalten fehlt oft eine klare Rechtslage. dpa

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