McCain verspricht, für Amerika zu kämpfen

St. Paul/Minnesota. Licht aus. Spot an. Da steht er, der Kriegsheld, dessen Geschichte gerade in einem rührseligen Video über den gewaltigen Schirm des Xcel Energy Centers flimmerte. John McCain (Foto: dpa) genießt den Applaus auf der über Nacht eigens für ihn umgebauten Bühne

St. Paul/Minnesota. Licht aus. Spot an. Da steht er, der Kriegsheld, dessen Geschichte gerade in einem rührseligen Video über den gewaltigen Schirm des Xcel Energy Centers flimmerte. John McCain (Foto: dpa) genießt den Applaus auf der über Nacht eigens für ihn umgebauten Bühne. Diese rückt ihn räumlich näher an die Delegierten heran, verleiht seinem Auftritt das Flair eines Politikers, der auf dem Marktplatz zu den Leuten spricht. Ein Format, in dem sich McCain wohler fühlt als hinter dem Rednerpult. Doch auch so ringt er mit dem Teleprompter. Der 72-Jährige verspricht sich, setzt neu an, liest über weite Strecken statisch ab und wird wiederholt von Demonstranten unterbrochen, die durch die laxen Sicherheitskontrollen Anti-Kriegsbanner in die Arena geschmuggelt haben.

McCain versucht den Moment zu nutzen, sich vor Millionen Fernsehzuschauern vom unbeliebten Amtsinhaber im Weißen Haus zu distanzieren und sein Image als unabhängiger Querdenker wieder zu beleben. "Lasst mich die alte, verschwenderische, nichtstuende Ich-zuerst-Vaterland-später-Bande vorab warnen: Der Wechsel kommt."

Den Namen George W. Bush bringt der Kandidat nicht einmal über die Lippen. Nebenbei dankt er "dem Präsidenten, uns durch die dunklen Tage nach dem schlimmsten Anschlag auf amerikanischem Boden in unserer Geschichte geführt zu haben." Das war die einzige Referenz an den Mann, dem McCain in den vergangenen Jahren treu gefolgt war. Von der Entscheidung, Krieg gegen den Irak zu führen bis hin zur Steuer- und Wirtschaftspolitik stimmte der Senator im Kongress in mehr als 90 Prozent der Fälle für Gesetze, die auch der Präsident befürwortete.

"Es scheint, als führte er eine Revolution gegen sich selbst", merkt Kolumnist Tom Shales an. Doch dem Kandidaten bleibt wenig anderes, als sein Querdenker-Image wieder aufleben zu lassen. Was erklärt, warum McCain die obskure Gouverneurin aus Alaska zu seiner Vizepräsidentschafts- Kandidatin beruft. Er glaubt, an der Seite der ultimativen Außenseiterin als Reformer gegen "Washington" antreten zu können, obwohl er mit mehr als 25 Jahren auf dem Capitol Hill zu den Ikonen der amerikanischen Politik-Elite gehört.

"Ich kämpfe dafür, den Stolz und die Prinzipien unserer Partei wiederherzustellen", verspricht er und signalisiert, als Präsident werde er seine Hand "nach jedem ausstrecken, der mir hilft, dieses Land wieder zu bewegen". Ein überparteilicher Appell, der in St. Paul nur schwachen Beifall findet. Ganz im Gegensatz zu den polarisierenden Reden Palins, Giulianis oder Huckabees, die das Parteivolk Kopf stehen ließen.

McCain reißt die Menge selber erst mit, als er am Ende die Geschichte seiner Gefangenschaft in Vietnam aufleben lässt. Dort habe er gelernt, seine Ambitionen unterzuordnen. Bei der Rückkehr in die USA "war ich nicht mehr mein eigener Mann. Ich gehörte meinem Vaterland." Genau wie damals werde er heute für Amerika kämpfen. Ein Wort, das er 42 Mal in seiner Rede wiederholt. "Steht auf, steht auf und kämpft", appelliert er im Finale, das im Beifall unterzugehen droht. "Wir sind Amerikaner, und wir geben nie auf. Wir verstecken uns nicht vor der Geschichte. Wir machen Geschichte."

David Gergen, der in der Vergangenheit mehrere Präsidenten, darunter auch George Bush senior beriet, meint wie viele andere Analysten, dies sei der stärkste Teil der Rede gewesen. "Der substanzielle Teil kam nicht so gut rüber." McCain habe völlig offen gelassen, was er konkret verändern wolle.

Als am Ende die weiß-rot-blauen Ballons von der Decke fallen, Country-Star John Rich seine Ode an den Kriegshelden "Raisin' McCain" aus den Lautsprechern röhrt und Konfetti über den Delegierten nieder regnet, auf dem der Präsidentschaftskandidat und seine Frau Cindy abgebildet sind, wird klar, worum es geht: um die Person John McCains - die Einzige, beste Hoffnung der Republikaner, die Macht im Weißen Haus zu erhalten.

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