Unabhänigkeitsreferendum Massenproteste gegen Polizeigewalt

Barcelona · In Barcelona demonstrierten gestern 700 000 Menschen gegen das harte Eingreifen der Polizei beim Referendum.

 Befürworter des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums protestierten gestern in Barcelona und legten ganze Straßen lahm.

Befürworter des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums protestierten gestern in Barcelona und legten ganze Straßen lahm.

Foto: dpa/Francisco Seco

() Mit Massenprotesten gegen Polizeigewalt und einem Generalstreik haben gestern zehntausende Menschen das Leben in Katalonien weitgehend lahmgelegt. Am Ausstand beteiligten sich unter anderem Verkehrsbetriebe, Universitäten und Museen. Beim Fußballklub FC Barcelona fiel das Training aus. Schulen und etliche Geschäfte hatten geschlossen. Bereits am Morgen blockierten Demonstranten Straßen und wichtige Verkehrs­adern. Auf der Autobahn Richtung Frankreich stellten zwei Jugendliche einen Klapptisch auf und spielten Schach. In der Nähe der Plaça de la Universitat hing ein Schild mit der Aufschrift „Wegen Revolution geschlossen“. Zu dem Aktionstag hatten dutzende Gewerkschaften und andere Organisationen aufgerufen.

Allein in Barcelona demonstrierten am Nachmittag nach Angaben der Stadtpolizei 700 ­­000 Menschen. Sie riefen „Besatzungskräfte raus!“, „Die Straßen werden immer unsere sein“, „Adios España“ und andere Parolen. In ganz Katalonien häuften sich die Proteste gegen die spanische Polizei. Nicht selten wurden auch Journalisten spanischer Medien ausgebuht und eingeschüchtert. Die Gebäude der in Spanien regierenden Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy waren ebenfalls Ziel von Kundgebungen. Viele Teilnehmer sagten, sie seien nicht für Kataloniens Unabhängigkeit, wollten aber gegen das brutale Vorgehen der spanischen Polizei und für das Recht auf freie Meinungsäußerung demonstrieren. In anderen katalanischen Städten fanden Kundgebungen vor Kommissariaten statt, wie die spanische Polizeigewerkschaft SUP mitteilte. Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido warf der katalanischen Regierung „Aufstachelung zur Rebellion in den Straßen“ vor. Madrid werde „alle Maßnahmen“ ergreifen, um die „Drangsalierungen“ zu stoppen.

Spaniens König Felipe VI. wandte sich am Abend in einer TV-Ansprache an die Regionalregierung. „Mit ihrem unverantwortlichen Verhalten können sie die Stabilität Kataloniens und ganz Spaniens in Gefahr bringen.“ Das Land müsse seine „verfassungsmäßige Ordnung“ gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen verteidigen.

Die spanische Polizei war am Sonntag mit massiver Gewalt gegen das vom Verfassungsgericht als rechtswidrig eingestufte Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens vorgegangen. Polizisten schlossen Wahllokale, beschlagnahmten Abstimmungsunterlagen und hinderten Menschen mit Schlagstöcken und Gummigeschossen an der Stimmabgabe. Das Fernsehen zeigte Bilder von Polizisten, die Demonstranten an den Haaren zogen, Treppen hinunterwarfen und gegen Feuerwehrleute vorgingen, die Wahllokale schützten. 90 Prozent der Wähler in Katalonien stimmten der Regionalregierung zufolge für die Loslösung der Region vom spanischen Königreich. Die Beteiligung lag bei 42 Prozent.

Der Konflikt um das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien wird auch das Europaparlament beschäftigen. Zum Auftakt der Oktober-Plenarsitzung setzten die Abgeordneten am Montagnachmittag eine Dringlichkeitsdebatte zu dem Thema auf die Tagesordnung. Sie soll heute Nachmittag stattfinden.

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